Bis Ende August stehen die Grabsteine in Aussig auf der Straße vor dem Museum. Foto: Steffen Neumann

Eine unkonventionelle Ausstellung findet gerade in Aussig (Ústí nad Labem) statt. Wo sonst Autos fahren, stehen 50 Grabsteine auf der Straße vor dem Stadtmuseum, in Reihen aufgestellt wie auf einem Friedhof.

Die Grabsteine stehen allerdings auf Holzpalletten, mit Metallbändern festgezurrt. An einigen sind noch Namen zu erkennen. Auf einem Grabstein steht sogar noch ein Metallkreuz. Bei den meisten aber fehlt die Aufschrift. Im Hintergrund rauscht der Straßenverkehr vorbei. Zwischen den Reihen steht auf Deutsch und Tschechisch: Ruhe sanft!

Immer wieder bleiben Menschen stehen. Die meisten wissen worum es geht: deutsche Grabsteine, von denen es im gesamten Grenzgebiet Zehntausende gibt, häufig verwahrlost, ungepflegt. Die, die sich hätten um sie kümmern können, wurden nach dem Zweiten Weltkrieg vertrieben.

Als Baumaterial verschleudert

Die Grabsteine auf der Straße sind eine Kunstaktion des Stadtmuseums Aussig mit dem Freilichtmuseum in Saubernitz (Zubrnice) bei Aussig. Dort lagerten die Steine über 50 Jahre in den Trümmern einer alten Mühle. Zuvor waren sie am örtlichen Friedhof abgebaut und als Baumaterial angeboten worden. Was nicht gebraucht wurde, landete an der Mühle, wo die Grabsteine mit den Jahren überwuchert sind. Die sterblichen Überreste derer, denen auf den Steinen gedacht wurde, blieben unter der Erde am Ort des einstigen Friedhofs.

Vor einigen Wochen legte der Verein Omnium mit freiwilligen Helfern jene Grabsteine frei, die nun bis Ende August in Aussig auf der Straße stehen. Danach sollen sie dauerhaft an der Kirche in Saubernitz ausgestellt werden.

Vereine und private Rettung

Die Installation trifft aber nicht nur auf Verständnis. Den Ausstellungsmachern wird Pietätlosigkeit vorgeworfen. „Wir machen aber erst auf den pietätlosen Umgang aufmerksam“, entgegnet Martin Krsek vom Museum Aussig. Das Stadtmuseum setzt sich seit Jahren dafür ein, wertvolle Gräber und Grabstellen von bedeutenden Einwohnern zu erhalten und pflegen, bislang mit mäßigem Erfolg.

Zum Erhalt der Friedhöfe und Gräber hat sich auch die Tschechische Republik in der deutsch-tschechischen Erklärung von 1997 verpflichtet. Ein Handbuch gibt Kommunen Hilfe, wie mit den Gräbern umzugehen ist. Oft sind es aber private Initiativen oder wie die des Vereins Omnium, die die Gräber erhalten. Die Landesversammlung der deutschen Vereine hat 2020 mit der Erfassung deutscher Gräber begonnen. In diesem Jahr wurden zudem erste Gedenktafeln aufgestellt, die an verschwundene deutsche Friedhöfe erinnern.

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