Der langjährige Direktor des Gebietsmuseums in Chomutov Stanislav Děd wurde mit dem Sudetendeutschen Volkstumspreis 2019 ausgezeichnet.
LE Herr Děd, was bedeutet der Preis für Sie?
Dass ich ihn bekomme, hat mich überrascht und gleichzeitig ist er für mich eine Genugtuung. Vor allem freut mich, dass ich etwas getan habe, das nicht nur für mich sinnvoll war, sondern auch für andere Menschen, Tschechen wie Deutsche.
LE Ihre Tätigkeit als Direktor des Gebietsmuseums in Komotau (Chomutov), für die Sie diesen Preis erhalten haben, endete vor zwei Jahren sehr plötzlich und unschön und erst recht nicht in Form einer Anerkennung für Ihre langjährige Arbeit. Dafür wurden Sie nun im Ausland ausgezeichnet und noch dazu von jenen, die einst aus Böhmen und Mähren vertrieben wurden. Haben Sie dafür eine Erklärung?
Ich bin den deutschen Landsleuten immer mit Respekt begegnet und habe mich immer bemüht, mehr zu tun, als ich musste. Wenn Sie ständig an die Arbeit denken, weil das für Sie eine Freude bedeutet, macht sich das früher oder später bemerkbar. Und mit jedem Erfolg bemüht man sich umso mehr. Was das Museum für die Heimatvertriebenen getan hat, hat ihnen geholfen, die tiefe Wunde zu heilen, welche der Verlust der Heimat war. Ich habe auch versucht, auf allen Ebenen zu kommunizieren, mit dem Heimatkreis wie auch dem Sudetendeutschen Rat.
Für die politische Führung des Bezirkes Ústí dagegen bedeutete unsere Tätigkeit etwas, was diese gern aus ihrer ideologisch-kulturellen Welt entfernt hätte.
LE Was heißt für Sie Volkstumspflege?
Das Entdecken einer fernen, fast vergessenen Welt von Menschen, die über Generationen das Aussehen der Welt formten, von der sie umgeben waren. Es ist das Abenteuer, eine Welt zu erkennen, die völlig verschwinden sollte, aber sie existiert, wenn auch an einem anderen Ort. Es ist für mich schwer zu verstehen, wie die Sudetendeutschen ihre Traditionen heute wach halten und nicht nur jene auf den ersten Blick sichtbaren, sondern auch die gegenseitige Zusammengehörigkeit als Volksgruppe, ihre geistliche Welt. So was muss man mit eigenen Augen sehen. Deshalb habe ich auf dem Sudetendeutschen Tag den Sonntag mit seinen Fahnenabordnungen und Trachtengruppen so gern.
LE Die Anerkennung von staatlicher Seite in Tschechien blieb Ihnen verwehrt. Haben Sie dennoch den Eindruck, dass sich der Blick auf die deutsche Vergangenheit in den Sudeten zum besseren gewendet hat?
Ich habe immer gesagt, dass wir in Komotau keine große Politik machen können. Wir können die Beneš-Dekrete nicht ändern, aber wir können uns so verhalten, als ob sie nicht existieren würden. Indem wir anerkennen, dass unsere Partner, unsere Landsleute Menschen wie wir sind, können wir mit ihnen kleine, alltägliche, realistische Schritte gehen und uns vor allem nicht fürchten, darüber öffentlich zu sprechen ohne das Gefühl zu haben, etwas unanständiges zu tun. Und je mehr es solche Beispiele, Veranstaltungen und Kontakte gibt, um so eher zwingen wir Menschen von unten unsere Regierung zur Veränderung der großen Politik.
Das ist für mich eine Selbstverständlichkeit und kein Heldentum. Und es funktioniert. Ich nenne nur wenige Beispiele: Wie viele Veranstaltungen konnten in kleinen Orten wie Uhrissen (Orasín) und Stolzenhan (Pyšná) durchgeführt werden. Ich denke an die erneuerte Gedenktafel für den vergessenen Maler Lois Zimmermann, an das erneuerte Denkmal für die Weltkriegsgefallenen, die Erneuerung der Kapellen an beiden Orten und deren Weihe. Immer waren auch deutsche Landsleute dabei, aber auch Tschechen. Zu erwähnen ist auch die mittlere Ebene: Der Umgang der Stadt Kaaden (Kadaň) mit seiner deutschen Geschichte. Bernd Posselts Teilnahme beim Gedenkakt für das Kaadener Massaker. Und auch die große Politik beginnt sich zu ändern, wie man an der Teilnahme tschechischer Vertreter auf dem Sudetendeutschen Tag sehen kann. Im Senat wiederum konnte eine Ausstellung über die Familie Dittrich gezeigt werden.
LE Auch nach Ihrer Tätigkeit als Museumsdirektor sind Sie aktiv. Sie setzen sich weiter für das Schicksal der deutschen Gräber in Chomutov ein. Womit sind Sie aktuell beschäftigt?
Ich halte Vorträge. Kürzlich trat ich mit einem Vortrag über den Rabbiner Emil Krakauer auf. Die Gräber in Komotau haben Sie erwähnt. Nicht vergessen möchte ich aber die Workcamps des Vereins Omnium. Das ist eine wichtige Arbeit, auch wenn einem nach drei Tagen alles weh tut.
Das Gespräch führte Steffen Neumann.
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