Die Autorin Nina Dont (31) lebt in der Nähe von Frankfurt am Main. Foto: privat

Warum Nina Dont sich nun dennoch Autorin ihres Debütromans „Die Stille meiner Heimat“ nennen darf und welche Rolle Südmähren dabei spielt, erzählt sie im LandesEcho-Interview.

„Die Stille meiner Heimat“ ist ein historischer Roman, der in zwei Zeitschienen die Geschichte der beiden Protagonisten Daniel und Maria erzählt. Daniel, der in der Gegenwart (2009) lebt, erhält nach dem Tod seiner Großmutter einen Brief, der ein Familiengeheimnis lüftet. Auf der Suche nach Antworten reist er nach Niederösterreich und wird mit der Vergangenheit der Familie konfrontiert. In einem zweiten Handlungsstrang wird das Leben der Maria in einem kleinen südmährischen Dorf ausgehend vom Jahr 1939 erzählt. Marias Schicksal gibt Einblicke in die tragischen Geschehnisse des Zweiten Weltkrieges.

Die 31-jährige Autorin, deren Großeltern aus dem südmährischen Znaim (Znojmo) und dem nordböhmischen Arnau (Hostinné) stammen, verarbeitet in der Handlung in großen Teilen ihre eigene Familiengeschichte.

LE Ihr Roman hat den Titel „Die Stille meiner Heimat“. Haben Sie einen persönlichen Heimatbegriff?

Es ist komisch. Ich fühle mich in der Nähe von Frankfurt am Main sehr wohl zuhause, aber ich bin auch unfassbar gerne in der Heimat meiner Großeltern. Die Gegend ist wunderschön und die Menschen sind toll. Das ist auch ein Stück Heimat für mich. Aber am meisten ist Heimat tatsächlich, wenn ich mit meinen Verwandten bin. Es werden immer viele Geschichten von früher und der Familie erzählt, das ist am schönsten.

LE Wie kam es zu der Idee, die eigene Familiengeschichte in einem Buch zu verarbeiten?

Wir versuchen uns einmal im Jahr mit den Angehörigen meiner Familie mütterlicherseits zu treffen. Auf den Familientreffen werden immer viele Anekdoten und lustige Geschichten von früher ausgetauscht. Zum Beispiel hatten wir angeblich mal einen Adelstitel, der dann für Alkohol verkauft wurde. Abends habe ich angefangen, diese Anekdoten in einem Word-Dokument festzuhalten, einfach damit sie erhalten bleiben. Dann dachte ich, dass ich auch einen Roman daraus machen könnte und habe am nächsten Tag mit dem Schreiben begonnen. Das war mein erster Roman. Ich hatte eigentlich nie vor, Autorin zu werden.

LE In Ihrem Buch beschreiben Sie verschiedene Orte in Tschechien. Wie sind Sie bei der Recherche vorgegangen? Sind Sie viel gereist?

Auf jeden Fall. Ich habe eigentlich nur über Orte geschrieben, die ich selbst auch kenne, da ich bereits seit zehn Jahren regelmäßig in die Gegend um Znaim fahre. Bereits am dritten Tag wollte ich aufgeben, weil die Recherchearbeit umfangreicher war als zunächst von mir vermutet. Ich hatte Angst, bei den Kriegsverläufen etwas falsch zu beschreiben. Mittlerweile wurde das Buch auch von Menschen gelesen, die die Vertreibung selbst miterlebt haben, und es hat sich noch niemand über den historischen Ablauf im Roman beschwert. Es muss wohl alles stimmen. Geschichtliche Details falsch darzustellen war meine größte Sorge. Mein Opa hatte zehn weitere Geschwister, von denen noch ein paar leben und deren Nachkommen ich befragt habe. Das hat mir sehr geholfen. Durch die Recherche zum Buch habe ich auch festgestellt, dass wir noch ein Grundstück in Niederösterreich haben.

LE Dem Roman ist ein Stammbaum vorangestellt. Warum war das eigentlich nötig?

Ich habe über 80 Personen Namen gegeben und wollte zumindest einen Überblick über die wichtigsten Personen verschaffen. Einer Familie habe ich den Nachnamen „Kreppenhofer“ meiner Familie mütterlicherseits gegeben. Es ist zwar nicht exakt die Geschichte meiner Familie, aber ich habe viele Anekdoten eingebaut. Natürlich muss man, damit es spannend bleibt, viel dazudichten, aber ich wollte trotzdem gerne den Namen meiner Familie in dem Buch sehen.

LE Gibt es im Roman einen Charakter, mit dem Sie sich identifizieren?

Theoretisch schon, da Daniel die Recherchen betreibt, die ich betrieben habe. Natürlich hat es bei mir Jahre gedauert, bei ihm geht es ein bisschen schneller. Vom Charakter her ähnle ich eher der Erna. Ein bisschen die Erna, aber von der Geschichte her Daniel. Aus mir habe ich einen Daniel gemacht und aus meinem Opa eine Frau, damit es nicht so offensichtlich ist. Vom Charakter her ist er eher der Kalli. Mein Opa hatte zum Beispiel immer einen Kamm in der Brusttasche, um sich damit die Haare zu richten. Manchmal tat er das auch einfach bei wildfremden Menschen auf der Straße. Das macht der Kalli im Buch zum Beispiel auch.

LE Welche Rolle spielt das Essen aus Südmähren in Ihrem Roman?

Wir verwenden tatsächlich noch viele Begriffe von früher, zum Beispiel „Ribiseln“ (Johannisbeeren). Ich mache auch sehr häufig Buchteln zum Essen oder Palatschinken zum Nachtisch. Ohne dass wir es bewusst machen, sind es immer unsere Lieblingsnachspeisen. Die habe ich auch mit ins Buch eingebracht.

LE Sie haben bereits ein zweites Buch geschrieben. Handelt es sich dabei um eine Fortsetzung?

Das zweite Buch ist ganz losgelöst vom ersten. Es erzählt die Geschichte einer Frau, die aus ihrem Umfeld ausbricht und auf Reisen geht. Es thematisiert die Erwartungen, die eine Gesellschaft an Frauen stellt:  Heiraten, Kinderkriegen. Ihr wird alles zu viel. Ich glaube nicht, dass es eine Fortsetzung von „Die Stille meiner Heimat“ geben wird. Das Buch ist in sich abgeschlossen.

Das Gespräch führte Lara Kauffmann


Nina Dont: Die Stille meiner Heimat (2020). Foto: Nina DontNina Dont: Die Stille meiner Heimat.

Der Roman ist im Online-Handel erhältlich (15,99 €).

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