Das sagt Roman Ray Straub, seit Oktober 2016 neuer Chef des Prager Kongresszentrums. Wie er den einstigen sozialistischen Kulturpalast zu einer internationalen Top-Destination machen will und warum er gerne nach Prag zurückgekehrt ist, erzählt er im Gespräch mit dem LandesEcho.
LE Im internationalen Vergleich liegt Prag unter den Top 15 der weltweit beliebtesten Kongressstädte. Was macht Prag als Kongressstadt so attraktiv?
Prag verfügt über ausgezeichnete Flugverbindungen und Verkehrsanbindungen, einen sehr hohen Hotel Standard. Alles in allem ist Prag einfach eine einzigartige Stadt. Das Prague Convention Bureau arbeitet seit Jahren mit uns und anderen Kollegen aus der nationalen und internationalen Kongressbranche zusammen und wir freuen uns über die positiven Resultate, die dies schon gebracht hat.
LE Verglichen mit anderen Kongresszentren gehört das Prager Kongresszentrum auf dem Vyšehrad nicht unbedingt zu den modernsten. Werden Sie das ändern?
Berücksichtigen Sie, dass das Kongresszentrum über 30 Jahre alt ist. In der Zeit wurden dort schon viele bedeutende internationale Kongresse durchgeführt. Jetzt sind wir am Modernisieren. Dieses Jahr investieren wir in Technik, Räumlichkeiten und auch in die Nachhaltigkeit der Energieversorgung. Schon im vergangenen Jahr haben wir für die Erweiterung des Kongresszentrums einen internationalen Architekturwettbewerb ausgeschrieben. Was mich da sehr freut, ist, dass sich über 400 Teilnehmer gemeldet haben. Nicht nur aus Europa, sondern auch aus Japan, Neuseeland und Australien. Sie alle arbeiten jetzt an Vorschlägen, wie man die riesigen Hallen des Zentrums, sein Interieur, aber auch seine unmittelbare Umgebung verbessern und den Anforderungen des modernen, internationalen Kongresstourismus anpassen kann.
LE Bis wann läuft der Wettbewerb?
Der Sieger wird Ende Juli bekanntgegeben. Auf der Konferenz der International Congress and Convention Association ICCA, die uns dieses Jahr im November in Prag beehren wird, wollen wir schon die Pläne für die neue Halle wie auch die äußere Umgebung des Prager Kongresszentrums vorstellen.
LE Womit fangen Sie bei der Renovierung des Kongresszentrums an? Und was kostet das Ganze?
Als erstes renovieren wir den Kongresssaal und alle öffentlichen Bereiche. Dann werden alle anderen Veranstaltungsräume folgen. So wollen wir zum Beispiel die Decken ersetzen, die nicht mehr besonders ansehnlich sind. Oder die altmodisch anmutenden Türen und Abfalleimer. Hier rechnen wir mit Kosten von etwa 300 – 350 Millionen Kronen, also etwa 12 bis 14 Millionen Euro. Als nächsten Schritt wollen wir das Gebäude dann um eine Halle erweitern, die anstelle des Parkplatzes auf der Südseite des Kongresszentrums entstehen wird. Sie soll 5000 – 6000 Quadratmeter groß werden und 205 – 300 Millionen Kronen, also 10 bis 12 Millionen Euro kosten. Selbstverständlich werden wir auch in die Technik mit Fokus auf digitale Navigationssysteme investieren. Wir arbeiten also intensiv an einem kompletten Rebranding des Prager Kongresszentrums.
LE Das Prager Kongresszentrum verfügt schon heute über 20 Säle und 50 Salons mit einer Kapazität von 20 bis knapp 3000 Personen. Dazu kommt die Ausstellungsfläche von 13 000 Quadratmetern. Auf den ersten Blick scheinen Ihre Kapazitäten riesig. Wozu also brauchen Sie eine neue Halle?
Die neue Halle soll vor allem begleitenden Ausstellungen dienen, ohne die heute kaum eine größere Veranstaltung auskommt. Wissen Sie, auch der Kongresstourismus entwickelt sich immer weiter und stellt immer neue Anforderungen an die Veranstalter. Es reicht heute nicht mehr, ein paar IT- oder Medizinkongresse pro Jahr zu veranstalten. Wir wollen als Kongresszentrum auch für Branchen interessant sein, die räumlich weitaus höhere Anforderungen stellen. Wissenschaftliche oder technologische Kongresse, zum Beispiel. Dank der neuen Halle werden wir in Zukunft mehr große internationale Kongresse nach Prag holen können.
LE Derzeit bringen Sie das Prager Kongresszentrum technisch auf den neusten Stand. Neue Hard- und Software. Die Navigationstechnik, die Sie schon erwähnt haben, soll Organisation und Durchführung von Kongressen und Konferenzen erleichtern. Wie viel haben Sie denn hier schon investiert?
Wir investieren noch. Momentan überholen wir die gesamte Audio-Video-Technik in den großen Sälen, die Kosten hier belaufen sich auf etwa 15 Millionen Kronen, das sind umgerechnet knapp 600 000 Euro. Weiter haben wir rund 100 000 Euro, 2,5 Millionen Kronen, in mobile Technologien im gesamten Gebäude investiert. Und das bereits erwähnte digitale Navigationssystem sollte etwa auf weitere 15 Millionen Kronen kommen. Das sind alles Investitionen, die sich lohnen. Alleine durch die Modernisierung unserer Technik können wir pro Jahr 21 Millionen Kronen einsparen.
LE Sie sind seit Herbst 2016 Geschäftsführer des Prager Kongresszentrums. Was hat sich seit ihrer Ankunft schon getan?
Die Funktion des Geschäftsführers des Kongresszentrums habe ich im Oktober vergangenen Jahres übernommen. Ich würde sagen, seitdem haben wir schon viel geschafft. Die innere Struktur wurde gefestigt und das Team wird durch den Fortschritt unserer Modernisierung motiviert. Ich würde sagen, wir sind jetzt in der Mitte des Umbaus. Das Prager Kongresszentrum hat sehr viel Potential und ich bin mir sicher, dass es eines Tages zu den fünf besten Europas gehören wird. Momentan aber befinden wir uns in einer Phase, die ich als anstrengend und gleichzeitig faszinierend empfinde. Ich bin stolz darauf, dass es mir und meinem Team gelingt, diese Umbauarbeiten bei vollem Betrieb zu schaff en. Ich würde sagen, die meisten Änderungen, die wir seit meinem Antritt vorgenommen haben, sind zwar wichtig, aber eher kosmetisch. Zumindest im Vergleich zu dem Ausbau, der das Kongresszentrum in naher Zukunft erwartet.
LE Wie soll das Kongresszentrum Ihren Vorstellungen nach in fünf Jahren aussehen?
In fünf Jahren wird das Kongresszentrum komplett auf dem letzten technologischen Stand sein und mit hoher Wahrscheinlichkeit wird auch die neue Messe-Halle auf der Südseite fertig sein.
LE Werden Sie Ihr Ziel, im Jahre 2020 eines der fünf größten Kongresszentren Europas zu sein, erreichen können?
Wir werden nicht die größten sein, aber hoffentlich zu den besten gehören. Und effektiv mit dem Standort Prag und unseren touristischen und wirtschaftlichen Partnern zusammenarbeiten.
LE Was müssen Sie, vom eigentlichen Zentrum mal abgesehen, noch alles ändern, um Prag unter die Top 5 der europäischen Kongressstädte zu bringen?
Die Stadt hat in den letzten Jahren schon viel erreicht, aber wir müssen noch wirtschaftliche Vorteile für Kongressorganisatoren erarbeiten.
LE Gibt es bestimmte Arten von Veranstaltungen, auf die Sie sich im Kongresszentrum konzentrieren?
Ja, wir fokussieren auf größere Verbände, vor allem aus dem medizinischen und technischen Bereich. Aber wir haben auch einen guten Anteil an Konzerten und kulturellen Veranstaltungen im künstlerischen Bereich. Auch Firmenveranstaltungen sind uns weiterhin sehr wichtig.
LE Sie kommen aus der Hotelbranche. Wie unterscheiden sich die Trends im Hotelbusiness vom Kongresstourismus?
Im Kongresstourismus wird viel mittel-, und langfristiger organisiert und das Zahlenverhältnis ist viel größer. Im Hotelfach ist alles kurzfristiger. Als Hotelmanager muss man schnelle Entscheidungen treffen, das ganze Business ist einfach viel schneller. Kongresse oder Konferenzen hingegen werden langfristig geplant, das ist ein ziemlich anstrengender Prozess. An dessen Anfang steht meist eine ausführliche Präsentation nicht nur des Kongresszentrums, sondern der Destination als solche. Die Konkurrenz hier ist sehr hart. Dafür ist das Kongressbusiness sehr abwechslungsreich. Man kommt mit Menschen aus den verschiedensten Ländern und Branchen zusammen, von der Autoindustrie bis zur Medizin, vom IT-Bereich bis hin zur Kultur.
LE Hier in Tschechien wohl kaum, oder? Sind die großen Prager Hotels eine Konkurrenz für Sie? Haben Sie überhaupt eine Konkurrenz in Tschechien?
Natürlich stehen die großen Hotels in Prag für eine Konkurrenz, aber diese Umstände betrachte ich als einen Motor für Innovation, Modernisierung und Kreativität. In Hinsicht auf die Organisation von großen Kongressen in der Tschechischen Republik haben wir noch keine Mitbewerber.
LESie haben unter anderem in Frankreich, Deutschland, Österreich, Portugal und auch in den USA gearbeitet. Nach Prag sind Sie jetzt, nach ein paar Jahren in Innsbruck, zurückgekehrt. War das Angebot des Kongresszentrums so gut? Oder liegt es auch an der Stadt?
Mir hat Prag sehr gefehlt und die Chance, im Kongresszentrum und im dazugehörigen Holiday Inn Hotel zu arbeiten, bekommt man nicht jeden Tag. Wir haben die kommenden Jahre nicht nur große Renovierungspläne, sondern auch den ICCA Kongress im November 2017. Durch meine Vergangenheit in Prag habe ich sehr viele Freunde und auch Familie, die sich hoffentlich über unsere Rückkehr gefreut haben.
LE Als Hotelier haben Sie ihr berufliches Leben lang meist in edlen, modernen und prestigeträchtigen Häusern verbracht. Was war denn Ihr erster Gedanke, als Sie das etwas veraltete, neofunktionalistische Kongresszentrum betraten, das seine Vergangenheit als realsozialistischer Kulturpalast nicht leugnet?
Das Kongresszentrum kannte ich natürlich schon aus meiner Zeit als Hotelmanager in Prag. Ich war schon öfters als Gast hier, zum Beispiel habe ich mir hier, das ist schon lange her, das Musical „Dracula“ angeschaut. Natürlich hatte ich sehr gemischte Gefühle. Und ich kenne die ganzen Spitznamen, die die Prager dem Zentrum gegeben haben. Moby Dick ist da noch der netteste. Noch vor einem Jahr habe ich aber nicht geahnt, dass ich einmal in diesem Moby Dick arbeiten werde. Aber als ich in Innsbruck, wo ich vor meiner Rückkehr nach Prag vergangenen Herbst als Hotelmanager arbeitete, über meine beruflichen Möglichkeiten als Leiter des Kongresszentrums nachdachte, hat mich der Gedanke sehr gereizt. Vor allem, als ich erkannt habe, dass ich hier mit einem hervorragenden Team zusammenarbeiten würde, und dass der Wille der Stadt Prag, das Kongresszentrum zu einem internationalen Begriff in der Kongresstouristik zu machen, sehr groß war. Ich hatte das Gefühl, ein neuer Wind würde durch die, wie Sie sagten, veralteten Hallen und Gänge des Kongresspalastes wehen. Und das hat mich überzeugt. Jetzt liegt es an mir und meinem Team, das Beste daraus zu machen.
LE Was macht Prag so besonders? Aus privater und beruflicher Sicht?
Meine Frau ist aus Prag und unsere Kinder sind hier geboren. In nicht vielen Städten in Europa kann man beruflich und privat so ausgeglichen leben.
LE Vermissen Sie in etwas aus Ihrem Heimatland Deutschland?
Die Heimat meiner Eltern ist Freiburg im Schwarzwald und die Natur dort ist unbeschreiblich. Eigentlich bin ich aber in Brüssel aufgewachsen, mein Vater arbeitete für die EG, beziehungsweise EU. Deutschland mag also eine Heimat sein. Ich selbst habe aber eine internationale Erziehung genossen und fühle mich als Europäer. Natürlich vermisse ich manchmal Freunde und Verwandte. Kulinarisch gibt es auch Momente, wo bestimmte Zutaten fehlen.
LE Ist Ihre Familie gerne in Prag? Hat sie sich auf die Rückkehr gefreut?
Meine Familie ist immer gerne in Prag, aber kommt erst im Sommer aus Innsbruck zurück.
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