Foto: Conchita Wurst - Bild: Emily Prucha

Wärmer hätte der Augustnachmittag nicht sein können, an dem ich das Vergnügen hatte, mich inmitten der schwülen Prager Altstadt mit niemandem anderem zu treffen, als der heißesten Österreicherin der Gegenwart: Concita Wurst, der Eurovision Song Contest Gewinnerin. Sie war an die Moldau gekommen, um Prague Pride zu eröffnen, eines der größten mitteleuropäischen Festivals, an dem Schwule und Lesben sich selbst und das Leben allgemein ausgelassen feiern.

 

 

 

Es war nicht nur ihre erste Vorstellung in der Tschechischen Republik, sondern auch ihr allererster Besuch in Prag. „Märchenhaft” sei die Moldaumetropole, „ähnlich wie meine Heimatstadt Wien“.

Im kleinen Schwarzen und bis auf Massen von Wimperntusche nur leicht geschminkt, empfängt mich Conchita freundlich. Ihr Markenzeichen, der Bart, ist perfekt gestutzt und farblich genau auf ihre langen schwarzen Haare abgestimmt, die ihr Gesicht umspielen. Conchita Wurst, mit bürgerlichem Namen Thomas Neuwirth, katapultierte sich, „bärtige Österreicherin“ oder auch die „Queen von Österreich“ genannt, über verschiedene Fernsehshows und nicht zuletzt dank ihres überzeugenden Siegs beim Eurovision Song Contest (ESC) 2014 in die internationalen Schlagzeilen.

Sieg als Sprungbrett

Es waren zunächst die verschiedenen Fernsehshows, wie „Die große Chance“, die Conchita zu wichtigen Kontakten verhalfen, die sie so einfach nicht bekommen hätte. „Doch solche Shows haben nichts mit der wahren Welt zu tun,“ warnt sie all diejenigen, die es ihr vielleicht gerne gleich tun würden. „Wenn Du kein Talent hast, dann wirst Du es nicht schaffen“, sagt sie. Selbst ein Sieg bei einem Wettbewerb wie dem ESC ist keine Erfolgsgarantie, mein sie. Sondern nur Chance, die man nutzen muss. „Ein Sprungbrett“, sagt Conchita.

Ihr Erfolgsgeheimnis? „Nicht faul sein. Man muss schon sehr hart arbeiten, bis sich der Erfolg einstellt. Aber selbst Stars wie Madonna sind wahrscheinlich jedes Mal nervös, wenn sie ein neues Album herausbringen“, glaubt Conchita.

EU und Laufsteg

Selbst hatte sie nicht wirklich an ihren ESC Durchmarsch von 2014 geglaubt, durch den sie den Sieg zum ersten Mal sein 1966 nach Österreich holte. Ihr Triumph machte sie zu einem Symbol weit über die Grenzen der Pop-Kultur hinaus. Plötzlich fand sich Conchita sowohl in der politischen Arena, wie auch der Welt der Mode wieder.

Seit dem ESC hat sie nicht nur vor dem Europaparlament und bei den Vereinten Nationen gesungen. Sondern auch als Model für den bekannten Modedesigner Jean Paul Gaultier gearbeitet. Letzteres ein besonders persönlicher Erfolg für Conchita Wurst, die einst Modedesign studierte.

„Ich bin es nicht gewöhnt zu gewinnen, Erfolg zu haben. Für Gaultier auf dem Laufsteg zu sein war unglaublich“, sagt Conchita. „Jemanden wie Gaultier jetzt einen Freund nennen zu können, ist fast surreal“, lächelt sie. „Es ist einfach unglaublich“.

Sommer bedeutet für Conchita Hochsaison. Dann trifft sich die europäische Schwulen und Lesben Community zu verschiedenen Pride-Events. Wie auch „Prague Pride“, das einwöchige Festival, das von 10. – 16. August in der Hauptstadt stattfand. „Im Sommer habe ich die Gelegenheit, mit Menschen aus meiner Community  zusammenzukommen”, meint Conchita. „Schön, wenn man sich immer wieder trifft, das gibt mir das Gefühl zu einer Familie aus Schauspielern und Künstlern zu gehören“, erklärt sie.

Obwohl Conchita Wurst schon längst zu einer Ikone der Schwulenszene geworden ist, sieht sie sich vor allem als jemand, der gerne auf der Bühne steht. „Ich sage gerne meine Meinung, auch wenn die nicht die ultimative Wahrheit sein muss”, sagt sie.

Dieser Artikel entstand in Zusammenarbeit mit Prague.TV und erschien im LandesEcho 8/2015.

 

 

Drei Fragen an… Conchita Wurst

LE Was möchten Sie Ihren Fans mitteilen?

„Innerhalb der Schwulen-Lesben-Transsexuellen Szene versuche ich vor allem junge Menschen anzusprechen, die merken, dass sie anders fühlen als viele Jugendliche in ihrem Umfeld. Ich versichere Ihnen, dass alles besser wird, wenn die Teenager Zeit vorbei. Die ist für jeden schwer. Junge Leute, die sich ihrer eigenen Sexualität, ihrem Anderssein zurechtfinden müssen, haben oft Angst davor, ihre Eltern oder Freunde zu verlieren. Ich versuche ihnen zu versichern, dass die Liebe immer ihren Weg findet.“

LE Was raten Sie Teenagern, die sich wegen ihrer sexuellen Ausrichtung unsicher sind?

„Egal was passiert, Du wirst Freunde haben. Menschen werden in Dein Leben treten, die Dich so akzeptieren wie Du bist. Und das ist etwas, an das Du wirklich glauben solltest.“

LE Wie ist Ihre Beziehung zu Ihren Eltern?

„Um ehrlich zu sein habe ich ein ganz tolles Verhältnis zu meinen Eltern. Meine Mutter hat immer zu mir gesagt, nur weil wir Deine Eltern sind, müssen wir noch lange nicht Deine Freunde sein. Sie hat Recht.“

 

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