Die sterblichen Überreste des früheren Prager Kardinals Josef Beran (1888-1969) lagen bisher mit einer Ausnahmegenehmigung im Petersdom im Vatikan. Am kommenden Wochenende kehren sie heim nach Prag – dem letzten Wunsch des Geistlichen folgend.
„Ein tapferer Gottesmann, der zwei totalitären Regimen widerstand, kehrt endlich nach Hause zurück.“ So schrieb dieser Tage die konservative Tageszeitung Lidové noviny, die von den meisten Christen in Tschechien gelesene Tageszeitung. Es klang wie ein Aufatmen und wie ein Schlussstrich unter eine Geschichte, an die sich manche noch aus eigenem Erleben erinnern können und die angetan ist, die Nachgeborenen aufzurütteln.
Beran war ein politischer Kardinal, der auch heute, in schwierigen politischen Zeiten in Tschechien, etwas zu sagen hätte. Wenn er am Wochenende zurückkehrt, wird sich zur selben Zeit die ungewendete Kommunistische Partei, die ihn einst vertrieb, anschicken, keine dreißig Jahre nach der „Wende“, wieder eine tragende Rolle jenseits von Böhmerwald und Erzgebirge zu spielen: Sie ist mit dem „Segen“ von Staatspräsident Miloš Zeman aufgefordert, die künftige Regierung in Prag zu tolerieren und wird diese Aufgabe mit Kusshand annehmen und alles versuchen, der Regierungspolitik ihren Stempel aufzudrücken. Dazu gehört auch die Forderung, die Gelder, die die Kirche im Rahmen der Restitution zurückbekommt, absprachewidrig vom Staat zu besteuern.
Auch aus diesem Grund ist die Überstellung der sterblichen Hülle des Kardinals in den Prager Veitsdom eine mahnende Erinnerung an die Kirche und die gesamte Gesellschaft daran, „was Freiheit und Demokratie bedeuten“, wie der aktuelle Nachfolger Berans, der Prager Erzbischof Dominik Duka, sagte.
Opfer zweier Diktaturen
Kardinal Josef Beran war während der Nazi-Herrschaft in NS-Konzentrationslager verschleppt und unter der kommunistischen Diktatur in zahlreichen Internierungslagern eingesperrt worden. 1946 zum Prager Erzbischof ernannt, war er nach der kommunistischen Machtergreifung 1948 praktisch amtsbehindert. Eineinhalb Jahre nach dem kommunistischen Putsch inszenierte die Staatssicherheit bei der Verlesung von Berans Hirtenbriefs gegen die Unterordnung der Kirche unter die Staatsmacht einen „Aufruhr der Bürger“. Beran wurde „zu seinem eigenen Schutz“, wie es boshaft hieß, in Haft genommen. Damit begann die mehrjährige Internierung des Geistlichen.
Von 1950 bis 1963 lebte er unter Arrest an wechselnden, geheim gehaltenen Orten. Auch Beran selbst wusste nie, wo er sich befand. Seine Fenster waren bis zur Undurchsichtigkeit bemalt. Er durfte nicht einmal die kommunistische Presse lesen. Rund um die Uhr wurde er abgehört, beobachtet und fotografiert, wie die Historikerin Stanislava Vodičková berichtete. Auch nach der offiziellen Freilassung 1963 durfte er nicht nach Prag zurückkehren. Er stand immer unter Beobachtung der kommunistischen Stasi.
Erst nachdem Beran 1965 von Papst Paul VI. zum Kardinalpriester ernannt worden war, gelang es dem Vatikan, Berans Ausreise nach Rom zu erwirken. Die Führung in Prag nutzte dies, um ihn des Landes zu verweisen. Damit wurde eine Rückkehr unmöglich. Die Hoffnung darauf erfüllte sich auch im Prager Frühling 1968 nicht. Am 17. Mai 1969 starb Beran in Rom. Da die Kommunisten auch seinen Leichnam nicht in die Heimat überführen ließen, erwies ihm der Papst eine besondere Ehre: Beran wurde im Petersdom bestattet, was sonst nur Päpsten vorbehalten war.
In seinem vor nicht allzu langer Zeit aufgefundenen „letzten Willen“ hatte Beran darum gebeten, in seiner Heimat seine letzte Ruhe zu finden. Entweder in seiner Geburtsstadt Pilsen (Plzeň) oder in Prag. Dem wird nun entsprochen.
Die „Heimkehr des vertriebenen Kardinals“ gibt Gelegenheit auch zur womöglichen Versöhnung mit den nach dem Krieg vertriebenen deutschen Katholiken. Über lange Zeit hielt sich unter denen eine Abneigung gegen Beran: Angeblich soll er die Vertreibung der Deutschen aus ihrer böhmisch-mährisch-schlesischen Heimat unterstützt haben. Bei einem kürzlich abgehaltenen Kolloquium in Prag, unter anderem mit Vertretern der Ackermann-Gemeinde, wurde auf Grundlage neuester Forschungen im Gegenteil eine Nähe Berans zu den Vertriebenen offenbar. Mehrfach, so hieß es da, wurden Belege dafür gefunden, dass Beran „täglich für seine tschechischen und deutschen Landsleute“ betete. Er teile mit den Deutschen das „Schicksal der Heimatlosigkeit“. Immerhin: Er kehrt nun in seine Heimat zurück.