Logo: Brücke/Most-Stiftung mit Fragezeichen

Seit fast zwanzig Jahren arbeitet die Brücke/Most-Stiftung schon mit Kulturtagen, Jugendbegegnungen und Stipendien erfolgreich an der Verbesserung der deutsch-tschechischen Beziehungen. Mit großer Bestürzung wurde deshalb beiderseits der Grenze die Nachricht aufgenommen, die Stiftung müsse nun zum Jahresende ihre operative Tätigkeit einstellen.

In einer offiziellen Stellungnahme erklärte der Stiftungsvorstand am 23. Juni, die Stiftung sei aufgrund der Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank nicht länger in der Lage, ihre Aktivitäten aus dem Stiftungsvermögen zu finanzieren. Auch die Hoffnung auf eine institutionelle Förderung der Brücke/Most-Stiftung habe sich nicht erfüllt.

Mit dem Ende der Stiftung in ihrer jetzigen Form werden aber nicht nur merklich die vielen Veranstaltungen fehlen, die seit 1997 jedes Jahr für eine weitere Annäherung zwischen Tschechen und Deutschen sorgten. Auch das Brücke/Most-Zentrum, die Bildungs- und Begegnungsstätte im Dresdner Stadtteil Blasewitz, muss wohl bereits Ende August schließen. Nach der Auflösung des Tschechischen Zentrums in Dresden ginge damit eine weitere wichtige grenzübergreifende Institution in der sächsischen Landeshauptstadt verloren.

Trauer und Empörung

Gerade niederschwellige Aktionen, wie die jährlichen Tschechisch-Deutschen Kulturtage in Dresden, Aussig (Ústí nad Labem) und der gesamten Euroregion Elbe/Labe, haben immer wieder viel Publikum angezogen und für das jeweilige Nachbarland sensibilisiert. Diese erfolgreiche Arbeit nun durch finanzpolitische Entscheidungen so zerbrechen zu sehen, ruft Unmut hervor. In sozialen Netzwerken machen Nutzer ihrer Trauer und Empörung nun Luft.

„Begegnung, Bildung, Vielfalt, Europa, Toleranz – das ist Brücke Most – und es braucht noch viel mehr von diesen Einrichtungen – und keine einzige weniger“, schrieb etwa Micha Winter auf Facebook. Viele stellen aber auch die Frage, ob die Stiftung vielleicht doch noch zu retten ist.  „Ich werde gerne etwas tun, daß es alles nicht verloren wird. Aber was??? Crowfundung, Petition, Protest, ….??“, bot Veronika Ku an.

Aber auch Institutionen wie der Adalbert Stifter Verein, der selbst seit Jahrzehnten in der deutsch-tschechischen Kulturarbeit tätig ist, reagierten mit Entrüstung auf die Nachricht. Mit einem Appell an Politiker, Journalisten und Kulturschaffende in Deutschland und Tschechien wird um Unterstützung für die Brücke/Most-Stiftung gebeten. „Dabei geht es nicht um die Rettung einer privaten Initiative, sondern um die Qualität des deutsch-tschechischen Kulturaustausches und um eine europäische Kulturarbeit, die in Zeiten wachsender Verunsicherung nicht Demontage, sondern jede nur mögliche Unterstützung verdient“, heißt es in der Erklärung.

Reaktion und Zukunftsaussichten

Die Brücke/Most-Stiftung reagierte heute auf ihrer Webseite und auf Facebook mit einem Aufruf auf die zahlreichen Sympathiebekundungen. Darin bittet sie um die Beantwortung der Fragen „Was werdet Ihr konkret vermissen, wenn es uns in der alten Form nicht mehr gibt?“ und „Wie schätzt Ihr die Einstellung der operativen Arbeit und des Tagungshauses gesamtpolitisch ein?“ per E-Mail bis spätestens zum 15. August an die Bereichsleiterin für Gesellschaft und Geschichte, Susanne Gärtner (Mail).

Ihr zwanzigjähriges Jubiläum am 27. November wird die Brücke/Most-Stiftung nach derzeitigem Stand wohl in einer Übergangsphase erleben. Derzeit ist für die zweite Augusthälfte eine Pressekonferenz zu den letzten Entwicklungen geplant und auf einer Fachtagung zu zivilgesellschaftlichem Engagement im November  soll auch das Schicksal der Brücke/Most-Stiftung zur Sprache kommen. Bis dahin bleibt aber noch etwas Zeit, bei entsprechenden Stellen die notwendige Unterstützung für einen weiteren Betrieb einzuholen, wie es der Adalbert Stifter Verein fordert.

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