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Werte Redaktion a.D.,

als wir Ende November vom endgültigen Aus für die Prager Zeitung erfuhren, haben wir diese Nachricht mit großem Bedauern aufgenommen. Denn als deutschsprachige Bewohner Böhmens, Mährens und Schlesiens empfanden wir allein die Tatsache, dass eine politisch unabhängige deutschsprachige Wochenzeitung existiert, als unglaublich bereichernd. 

Deshalb hat die deutsche Minderheit die Prager Zeitung bei ihrer Gründung enorm unterstützt, nicht nur ideell, sondern vor allem finanziell. Waren es nicht Fördermittel der deutschen Minderheit, die 1991 die Entstehung der Prager Zeitung erst ermöglicht und das Blatt in den ersten Jahren über Wasser gehalten haben?

Umso unverständlicher ist es für uns, dass Sie in Ihrer Abschiedsausgabe mehr oder weniger direkt die Minderheit und die Existenz ihrer Verbandszeitschrift LandesEcho für das Scheitern der Prager Zeitung verantwortlich machen. Gerne würden wir Sie daran erinnern, dass es Mitte der 1990er Jahre eine Entscheidung der damaligen Geschäftsführung der Prager Zeitung war, eine rein kommerzielle Zeitung ohne Minderheitenbezug zu machen. Eine Entscheidung, die wir nicht nur respektiert, sondern auch verstanden haben. Auch, weil das tschechische Kulturministerium, das die Publikationen aller nationalen Minderheiten in der Tschechischen Republik fördert, kommerzielle Projekte von der Förderung ausschließt.

Umso mehr sind wir verwundert, mit welcher Bitterkeit Sie sich in ihrem Artikel „Schlussstrich“ auf Seite 1 der letzten Ausgabe der Prager Zeitung (gezeichnet von Ihrem Chefredakteur und wie er selbst betont Mitglied der Geschäftsleitung, Marcus Hundt) auf die deutsche Minderheit, ihr Verbandsorgan und ihre Förderer einschießen. In genanntem Artikel steht unter dem Zwischentitel „Nicht förderungswürdig“ ein solches Potpourri verfälschter Tatsachen, dass wir darauf einfach reagieren müssen.

So schreiben Sie von „staatlichen Fördermitteln, wie sie fast alle deutschen Auslandszeitungen erhalten“ und beschweren sich, dass das tschechische Kulturministerium, die Prager Zeitung „leer ausgehen ließ“. Nun können wir beim besten Willen nicht sagen, ob und welche „deutschen Auslandszeitungen“  staatliche Fördermittel erhalten. Das Magazin der deutschen Minderheit ist keine deutsche Auslandszeitung, sondern ein deutschsprachiges Minderheitenheft in der Tschechische Republik. Als solches erhält es tatsächlich und ausschließlich Fördermittel aus dem Minderheitentopf des Kulturministeriums der Tschechischen Republik. Das Zauberwort hier lautet allerdings nicht, wie Sie in Ihrem Artikel behaupten Sprachförderung, sondern Minderheitenförderung, zu der die tschechische Regierung per Gesetz verpflichtet ist. Da die Prager Zeitung sich seit 20 Jahren weder Minderheitenthemen widmet, noch ansatzweise mit der deutschen Minderheit zusammenarbeitet, verstehen wir nicht, warum Sie so darüber klagen, keine Förderung als Minderheitenzeitung zu erhalten.

In diesem Zusammenhang erlauben Sie uns auch eine Frage: Aus welchem Grund soll ein Staat aus Steuergeldern eine kommerzielle Zeitung, die einem Multimillionär  gehört, unterstützen? Aber wir können Sie beruhigen. Die Fördermittel, die die deutsche Minderheit für ihr Verbandsorgan LandesEcho erhält, sind so gering, sie würden nicht einmal das Minus ausgleichen, das die Prager Zeitung in den vergangenen Jahren regelmäßig verbuchen musste. Sie würden gerade mal ein Drittel Ihrer Personalkosten decken. Das hätten Sie allerdings ziemlich schnell erkannt, wenn Sie sich, was man von Journalisten erwarten könnte, bemüht hätten, auf den Seiten des Kulturministeriums nachzuschauen, wie hoch diese Fördermittel eigentlich sind.

Sie haben es allerdings vorgezogen, auf den Vertreter der deutschen Minderheit in der Kommission des Kulturministeriums zu zeigen, die über die Vergabe von Fördermitteln für Minderheitenpublikationen entscheidet. Sie schreiben „er entschied sich gegen eine Förderung (…) gegebenenfalls wären die Mittel der eigenen Verbandszeitung gekürzt worden“.  

Unfaire Behauptungen

Es ist, mit Verlaub, himmelschreiender Unsinn zu behaupten, dass ein einziges Mitglied eines Gremiums über die Vergabe von Mitteln entscheidet. Der Minderheitentopf des Kulturministeriums ist kein Selbstbedienungsladen, sondern wird im Einklang mit allen Gremiumsmitgliedern und dem tschechischen Gesetz verwaltet. Warum die Prager Zeitung da nicht reinpasst, haben wir weiter oben erklärt. Interessant aber nicht nur, dass Sie diese einfachen Tatsachen ignorieren, sondern, dass Sie sich auch beschweren, dass die deutsche Minderheit nicht ihr eigenes Verbandsblatt LandesEcho in der Zeit steigender Abozahlen opfert. Besonders kollegial ist das nicht.

Unfair geht es in dem Artikel weiter. Auch das „Institut für Auslandsbeziehungen“ (ifa) habe die Prager Zeitung nicht unterstützt, heißt es da. Das ist schlicht und einfach gelogen und ehrlich gesagt auch ziemlich dreist. Das ifa leistet generell keine finanzielle Unterstützung, sondern ist aktiv in der Förderung von Mitarbeitern bzw. entsendet Redakteure und Projektmanager an Institutionen der deutschen Minderheiten in ganz Europa und Zentralasien. Das ifa hat Redakteure und Mitarbeiter der Prager Zeitung immer wieder zu seinen Workshops und Fortbildungsmaßnahmen eingeladen. Und das, obwohl es das nicht hätte machen müssen, da es nicht Auftrag des ifa ist, kommerzielle Zeitungen zu unterstützen. Zudem hat das ifa immer wieder Beiträge der Prager Zeitung durch seine internationalen Kanäle geteilt und somit als Multiplikator gewirkt.

Wir finden es schade, dass die letzte Ausgabe der Prager Zeitung geschrieben wurde durch ein Prisma der Bitterkeit, voller Schuldzuweisungen und ohne ein Fünkchen der Selbstreflexion oder journalistischer Sorgfalt.

Dennoch wünschen wir Ihnen alles Gute und hoffen, dass sich Ihnen bald neue Wege und Möglichkeiten auftun.

Martin Dzingel, Präsident der Landesversammlung der deutschen Vereine in der Tschechischen Republik

Alexandra Mostýn, Chefredakteurin des LandesEcho

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