Gibt es im Universum noch weitere entwickelte Zivilisationen? Wird Karel Gott 100 Jahre alt werden und eine Jubiläumstournee veranstalten? Waren die Amerikaner wirklich auf dem Mond?
Das sind die wahrlich wichtigen Fragen einer aufgeklärten Menschheit. Bei uns in Sudetistan gibt es aber nur eine Frage, die alles entscheidend ist: „Würde es uns in Deutschland besser gehen?“
Lassen Sie uns deshalb zehn Gründe beleuchten, warum die deutsch-sudetistanische Vereinigung für beide Seiten äußerst ertragreich wäre:
1. Wir können arbeiten
Vor allem mit dem Mund. Was also Meinungen betrifft, so wären wir sicherlich das produktivste Bundesland. Bei politischen, gesellschaftlichen und internationalen Themen bilden wir uns unsere Meinungen schon mindestens drei Jahre im Voraus. Wenn dann alles schief geht, können wir uns so nur zurücklehnen und prophetisch verkünden: „Wir haben Euch gewarnt“!
2. Verbesserung des Lebensstandards
Sudestistan würde sich endlich aus seinem Elend befreien. Kennen Sie den Unterschied zwischen einem sudetistanischen und einem amerikanischen Rentner? Beide können sich von sich von ihrer Rente einen Ausflug nach Prag leisten.
3. Bewaffnete Kräfte
Eine zweifelsfrei große Verstärkung für die Bundeswehr wäre eine sudetistanische Abteilung. Schließlich haben wir darin Tradition. Denken Sie nur an unsere berühmten Revolutionsgarde (im Volksmund auch Räubergarde genannt).
4. Strom
Die sudetistanischen Heizkraftwerke sind unser Familiensilber. Der ganze Dreck würde aber auf der einen Seite des Erzgebirges bleiben und der Strom auf die andere Seite wandern. Für Deutschland würde sich das sicher lohnen.
5. Verwandtschaft
Ob es uns nun gefällt oder nicht, wir stehen uns eigentlich sehr nahe. Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit trägt ihre größten Früchte zwar immer dann, wenn in den Supermärkten rund um Dresden Milch und Klopapier im Angebot sind. Dennoch haben wir vieles gemeinsam.
6. Erfahrungen
Die Deutschen haben schon einmal einem verarmten Gebiet im Osten Asyl gewährt. Eine weitere DDR müssen sie zwar wirtschaftlich nicht unbedingt schaffen. Aber die Dankbarkeit des sudetistanischen Volkes gleicht dieses Risiko aus.
7. Frauen
Wir haben schöne Frauen, in denen sich all die besten deutschen und tschechischen Eigenschaften einen. Bei uns in Sudetistan sagt man ja, dass die schönsten Frauen in Deutschland Touristinnen seien. Dazu sage ich lieber nichts. Vielleicht nur, dass das bei uns in Sudetistan sicher nicht gilt!
8. Verkehrsinfrastruktur
In der Tschechischen Republik bauen wir sehr lange an unseren Autobahnen. Nicht weil wir es nicht anders könnten, sondern weil wir der Welt zeigen wollen, dass wir uns das erlauben können. Nach einer Vereinigung mit Deutschland würden die Autobahnen in ungefähr der gleichen Zeit stehen, in der wir gerade mal den ersten Anstich machen.
9. Weil es einfach ist
Der eigentliche Vereinigungsprozess wäre sehr unkompliziert. Wir müssten nur die alten Schilder mit den deutschen Bezeichnungen aus den Speichern unserer Rathäuser holen und die alten Landkarten abstauben. Fertig.
10. Historische Kontinuität
Das tschechische Grenzgebiet war schon immer ein etwas komplizierterer Fall, weil sich dort Tschechen und Deutsche um Einfluss stritten. Im vereinigten Europa ist natürlich für solchen Pipifax kein Platz mehr. Inzwischen würden wir uns sogar gerne an Deutschland anschließen.
Nur: Wissen Sie, worin der Unterschied liegt zwischen 1938 und 2016?
Heute will man uns in Deutschland gar nicht mehr.
Dominik Feris Kolumne „Im wilden Sudetistan“ finden Sie jeden Monat exklusiv im LandesEcho und auf landesecho.cz . Dieses Feuilleton erschien im LandesEcho 2/2016. Der Autor (19) ist nordböhmischer Patriot und Stadtrat in Teplice (Teplitz-Schönau). Er studiert Jura an der Prager Karlsuniversität.
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