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Es wird endlich immer wärmer, zum Glück. Die nasskalten, bedeckten Tage haben vorerst hoffentlich ein Ende gefunden. In dieser Phase des Jahres wird es auch an einem bestimmten Ort ganz ganz heiß. Denn im Mai geht in den meisten Ländern die Fußballsaison zu Ende. So auch in der Tschechischen Republik und deren Hauptstadt. Die erste tschechische Fußball-Liga sucht ihren Meister, den Gewinner. Noch lange steht nicht fest wer das am Ende wird.

 

Schon vor dem Beginn meines dreimonatigen Praktikums beim LandesEcho habe ich mir vorgenommen die Fußballszene in Tschechien besser kennen zu lernen. Fußball ist für mich persönlich immer auch ein Stück weit Kultur – etwas, das ich bei einem Besuch in einem fremden Land unbedingt kennen lernen möchte.

Das liegt natürlich an meiner Begeisterung für die schönste Nebensache der Welt. Für andere ist es der Theatergang, das Hören einer Oper, das Besichtigen von Kirchen und das Betrachten eines stimmigen ästhetischen Kunstwerkes.

Für mich ist es eben das Hören der Fangesänge im Stadion, das Besichtigen verschiedener Spielstätten auf der ganzen Welt und das Betrachten eines Tores – so schön, stimmig und ästhetisch herausgespielt, wie ein berühmtes Kunstwerk.

Ja, der Fußball hat es mir angetan. Und von klein auf – seitdem ich eigentlich denken kann. Vielen Menschen geht es so. Sie richten ihr Leben auf das runde Leder aus, sind Fans eines Vereins, würden ihr letztes Hemd geben, zahlen den letzten Cent, die letzte Krone um beim Auswärtsspiel dabei zu sein – einfach gesagt: Sie leben für den Verein.

Die Verrücktheit in der Masse ist in jedem Land anders ausgeprägt. England thront da irgendwo ganz oben. Doch in jeder Nation gibt es diese Menschen, für die die Welt keine Kugel, sondern ein Fußball ist.

Und diese Menschen habe ich in Tschechien nun am letzten Aprilsonntag das erste Mal gesehen und kennen gelernt. Ich habe das Fußballspiel der ersten tschechischen SYNOT-Liga zwischen SK Slavia Prag und FK Jablonec besucht. Lag es am Wetter oder an der Konstellation, so war ich über die Anzahl der Zuschauer überrascht. Schon weit vor Anpfiff fanden sich viele viele Menschen auf dem Vorplatz der EDEN-Arena im Prager Südosten ein, gekleidet in den rot-weißen Vereinsfarben. Auch bei sommerlichen 18 Grad in einen Schal eingepackt. Das Utensil, das einfach nie fehlen darf.

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Das Wetter war nämlich zum ersten Mal seit meiner Ankunft an einem Wochenende super schön und warm – richtiges Fußballwetter eben. Da trauten sich am Ende über 15 000 Menschen in die Arena. Das ist für deutsche Verhältnisse nicht viel. Aber da ich im Vorfeld gelesen habe, dass nur zu den Spitzenspielen bei Slavia das Stadion nahezu ausverkauft ist, war ich dann doch verwundert, dass die Arena so gut gefüllt war.

Dennoch hat die überschaubare Zahl von 15 000 aber auch viel Positives. Das Programm am Spieltag gestaltete sich einfach viel entspannter. In Deutschland ist zum Spieltag alles überlaufen und überfüllt. Lange Schlangen vor den Ticketshops – meist gibt es in Deutschland gar keine Resttickets mehr am Spieltag selbst – blieben erspart, sodass es völlig problemlos war, die Tickets rund zwei Stunden vor dem Anpfiff zu erwerben. Gezahlt habe ich 160 Kronen (6 Euro) für eine Eintrittskarte. Sechs Euro?! Ja in der Tat, dieser Preis ist Wahnsinn. „Mit sieben Euro in der Südkurve ist das nun mal nicht zu finanzieren“, sagte Uli Hoeneß einst bei einer Wutrede zur Jahreshauptversammlung des FC Bayern. Nun ja, beim SK Slavia in Tschechien scheint das zu funktionieren. Ein absolutes Plus sind zudem die Rabatte, die es hier für Studenten gibt.

Um die Zeit bis zum Anstoß zu überbrücken ging es noch in das nebenanliegende EDEN-Einkaufszentrum. Mal ein bisschen herumgucken, was es da so gibt. Die Zeit war schnell um, zumal ich früh im Stadion sein wollte. Interessant ist immer, wie sich die Teams warm machen, welche Methoden sie da so haben. Aber auch, um der großen Masse, die kurz vor dem Anpfiff auf den letzten Drücker ins Stadion stürmt, zu entgehen. Die Kontrolle am Einlass ließ zu wünschen übrig, dadurch ging alles ganz fix.

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Überpünktlich saß ich also im Stadion. Die EDEN-Arena soll das modernste Stadion in Tschechen sein. Es wurde 2008 eröffnet und kostete 1 Milliarde Kronen (etwa 38 Millionen Euro). Und in der Tat ist sie sehr schick, klein, beschaulich, ein echtes Schmuckkästchen, das da hingestellt wurde. Auch die Akustik war entsprechend gut. Der Block hinterm Tor war voll. Alle Slavia-Fans wurden vor dem Spiel ordentlich auf Stimmung gebracht. Denn der „Capo“ (Anpeitscher der Fans) war für die Aufstellung der Mannschaft verantwortlich. Es scheint eines dieser Rituale zu sein, die es vor dem Spiel einfach immer gibt und die ein Highlight darstellen. Mit gewaltiger Inbrunst wurden die Namen der Slavia-Spieler im Stadionrund heraus gehauen.

Als dann der Ball rollte, machte sich der rot-weiße Block erneut lautstark bemerkbar. Ich konnte es von der anderen Seite gut betrachten. Neben mir, etwa zehn Meter weiter, war der Gästeblock. Gefüllt mit etwa 40 Fans, die die 90 Kilometer-Anreise aus Jablonec (Gablonz) auf sich genommen hatten. Es war wohl so etwas wie der harte Kern – im wahrsten Sinne des Wortes.

Auf dem Feld sah man keinen großen Qualitätsunterschied. Ich hätte einen erwartet. Denn Slavia Prag stand vor der Partie auf Rang zwei, mit einem Spiel weniger. Die Meisterschaft wird in diesem Jahr zwischen den Rot-Weißen und Viktoria Pilsen entschieden. Der andere Traditionsverein Sparta Prag hängt auf Rang drei schon zu viele Punkte zurück. Doch einen Besuch bei Sparta werde ich mir trotzdem nicht nehmen lassen. Übrigens genauso, wie ich noch vor habe zum FK Viktor Zizkov (2. Liga) zu gehen, der seine Heimspiele traditionell sonntags früh um 10.15 Uhr austrägt und die beste Stadionwurst Europas haben soll.

Jedenfalls: vielleicht lag es an den vielen Zuschauern oder dem großen Druck gewinnen zu müssen. Slavia enttäuschte mich spielerisch ein wenig. Die Gäste waren vor dem Tor gefährlicher und ließen gegen den Favoriten wenig zu. Trotz des 0:0 Halbzeitstandes war es aber eine kurzweilige erste Hälfte.

Nach dem Seitenwechsel spielte sich das spannendste dann erstmal neben uns ab. Aus dem Gästeblock gab es vom „Harten Kern“ Provokationen und Wurfgeschosse in Form von Bierbechern in Richtung der Slavia-Fans. Manche stiegen drauf ein, so dass auf einmal gut 30 vermummte Slavia-Fans am Zaun standen und mitmachen. Am Ende war es viel heiße Luft um nichts. Ein Zaun, ein paar Ordner dazwischen regelten alles. Zwar tauchten im Gästeblock dann noch 30 bis 40 voll ausgerüstete Polizisten mit Hunden auf, allerdings unternahmen die nichts. Beruhigt hatte sich alles sehr schnell wieder. Die Gästefans kamen dann rund 20 Minuten vor Abpfiff so richtig auf ihre Kosten, da ihr Team beim haushohen Favoriten in Führung gehen konnte.

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Danach sah es lange so aus, als ob FK Jablonec die Partie tatsächlich für sich entscheiden könne, doch in der Nachspielzeit glich Slavia noch aus. In der Schlussphase gaben die Fans noch einmal alles. Vieles war nach dem Rückstand nun situationsabhängig. Der gemeinsame Support schwächte ab, aber nach guten Aktionen, wie Tacklings, gewonnen Bällen, Fouls oder Zeitspiel des Gegners, gefährliche Aktionen vor dem Tor, kochte es noch einmal ordentlich. Am Ende muss ich sagen, wäre es auch schade gewesen, bei einem Heimspiel von Slavia die Fans nicht auch einmal jubeln zu sehen. Somit war ich über das 1:1 recht froh. Am Ende ein gerechtes Ergebnis. Doch zu wenig für die Gastgeber, deren Spieler nach den 90 Minuten enttäuscht und etwas hilflos auf dem Feld herumstanden. Der Punkt jedoch reichte um die Tabellenführung zurück zu erobern – aufgrund des besseren Torverhältnisses.

Nach kurzer Enttäuschung wurden die Spieler von ihren Fans vor dem Block gefeiert. Es war ein versöhnlicher Abschluss. Draußen vor dem Stadion ging die Party lange weiter. Da gab es vor und nach dem Spiel irgendein Fest, das vom Verein organisiert wurde. Ob es mit dem 1. Mai Feiertag oder der traditionellen Walpurgisnacht, die in Tschechien gefeiert wird, zusammen hing, wusste ich nicht. Bühne, Live-Bands und in der Nacht ein schönes großes Feuerwerk, das ich mir vom Nationaldenkmal in Vítkov aus ansah, rundeten das Erlebnis ab. So ging ein ereignisreicher Tag zu Ende. Ich habe viel mitbekommen, wie es am Spieltag in Prag so abgeht und ich war angetan. Der Fußball spricht dann doch überall auf der Welt die gleiche Sprache voller Begeisterung und Enthusiasmus.

 

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