Unsere Wanderbloggerin geht auf die Jagd nach kleinen, blauen und vergänglichen Perlen.
In den tiefen Wäldern Tschechiens gibt es etwas Kostbares, nach dem alle in diesem Land lechzen. Jedes Wochenende ziehen die Menschen los, ausgestattet mit Korb und scharfen Augen. Egal, wie schön die Natur ringsherum sein kann, niemand hat einen Blick dafür. Denn alle sind auf der Suche nach dem blauen Gold: Heidelbeeren.
Es ist mittlerweile so weit gekommen, dass auch Zugezogene in Pilsen (Plzeň) dieser Sucht verfallen sind, Leute, die gar nicht mit dieser Tradition aufgewachsen sind. Auch sie sammeln fleißig in ihrer freien Zeit diese blauen Beeren. So machte auch ich mich mit zwei Freundinnen auf die Suche. Wir wollten dazugehören.
Und wir wissen auch, in Pilsen und Umgebung gibt es jede Menge guter Orte, um die Heidelbeeren zu finden. Das Gute liegt meistens so nah! Wir setzten uns in den Zug und fuhren nur ein paar Minuten, der Schaffner öffnete uns die schweren Zugtüren und wir standen in Holoubkov, dem Beginn unser Expedition.
Wir schauten uns vorsichtig um, ob nicht von anderen Wanderern Konkurrenz drohte, die auch auf Schatzsuche waren. Doch wir waren für uns. Mit schnellen Beinen liefen wir durch den Wald des Naturparks Trhoň, auf dessen verlassenem Gipfel wir in 624 Metern Höhe auf ein Meer von Heidelbeeren trafen. Wir konnten unseren Augen gar nicht glauben und stürzten uns auf die Arbeit.
Die anfängliche Begeisterung wurde allerdings etwas getrübt: Das blaue Gold war schon etwas älter als gedacht, teilweise vertrocknet und nicht mehr genießbar. Wir sammelten weiter und sahen dann, wie am Horizont dunkle Wolken aufzogen. Es gab nicht genug Zeit, wir mussten weitergehen. Wehmütig betrachteten wir die Heidelbeeren, die uns noch mehrmals am Wegesrand begegneten, doch wir hatten keine Zeit mehr. Die Schwüle war unerträglich und es war klar, dass wir zügig durchgehen mussten.
Doch dann kam der einsame Žďár, ein Hügel mit einer wundervollen Aussicht über das Tal des blauen Golds! Auf seiner Kuppe liegen wilde Steine, kreuz und quer, es ist ein abenteuerlicher Weg hinauf. Wir fühlten uns wie im Felsenmeer der Böhmischen Schweiz.
Die Sonne war im Dunst kaum noch zu erkennen und wir folgten unserem Instinkt: Ab nach Hause! So schön auch jede Wandertour sein kann, es gibt immer ein Bedürfnis nach Sicherheit und Schutz. Mit unserem blauen Gold stiegen wir in den Zug nach Pilsen und versteckten es vor den Blicken der Zugreisenden. Wer weiß, wie groß deren Hunger war!
Streckendaten:
Startpunkt: Bhf. Holoubkov
Distanz: 14,5km
Höhenmeter: 389m
Laufzeit: 4,5 Stunden
Wegpunkte: Trhoň, Žďár, Rokycany
Anreise: mit dem Zug aus Pilsen bis Holoubkov, zurück aus Rokycany
WanderBloggerin JANA HEENEN:
Das Leben ist eine Reise, auch für mich. Mein Name ist Jana, ich komme aus der Nähe von Krefeld in Westdeutschland und arbeite seit einiger Zeit in Pilsen (Plzeň) für den deutsch-tschechischen Jugendaustausch. Um Tschechien und seine Landschaft(en) kennenzulernen, begebe ich mich so oft wie möglich auf Wandertouren, beobachte die Natur, fotografiere, notiere und bewerte die Ausflugsziele. Gern ziehe ich mit anderen Naturfreunden los, um von ihnen zu lernen und mich mit ihnen über das Leben zu unterhalten. Wenn man geht, dann kann man besser nachdenken und kommt zu neuen Ideen! Ich möchte Sie nun gern daran teilhaben lassen und stelle dafür regelmäßig meine Wanderungen vor.
Sie sind herzlich eingeladen, Vorschläge zu machen, was es in Tschechien noch zu entdecken gibt! Diese können Sie gern an redaktion@landesecho.cz senden. Ich freue mich!
Unsere Wanderbloggerin flieht vor der Hitze in einen hölzernen Zoo, findet das Schloss der ‚Schwarzen Barone‘ und erlebt den Duft der Freiheit.