Bild: Johann Wolfgang von Goethe gemalt von Joseph Karl Stieler, 1828

Johann Wolfgang von Goethe, Dichterfürst und bekanntester Vertreter der deutschen Klassik, hat der Nachwelt Dramen, Prosa und unzählige Gedichte hinterlassen. Jetzt wurde auf dem Dachboden eines Gasthauses in Karlsbad (Karlovy Vary), in dem Goethe ein gerngesehener Gast gewesen war, ein bislang unbekanntes Gedicht entdeckt, das Experten dem Dichter zuschreiben.

 

 

 

Der fast schon prophetisch zu nennende Text ist vollständig in kyrillischer Schrift abgefasst und trägt den Titel „Donner in Karlsbad“. Dabei bedient sich Goethe bereits beim Titel des stilistischen Mittels des Wortspieles. Neben dem Wetterphänomen Donner bezieht er sich hier auf die Bewohner der Region am Fluss Don in Russland.

Noch bis zum 17. Jahrhundert hatte dieser Zufluss des Asowschen Meeres als Ostgrenze Europas gegolten. Die hier ansässigen Kosaken, die seit dem 15. Jahrhundert als Wehrbauern angesiedelt worden waren, verteidigten Russland gegen diverse Eindringlinge, zu Goethes Lebzeiten auch gegen die Armee Napoleons.

Goethe lässt metaphernreich russische Reiter auf ihren Pferden und mit schwarz lackierten Kutschen donnernd in Karlsbad einreiten. Ein extradiegetischer Erzähler verfolgt in freiem Vers ihre Ankunft und die Veränderung der Stadt, die dies auslöst. Geschäfte bieten plötzlich russische Speisen an, Aufschriften verwandeln sich vor den Augen des Betrachters in kyrillische Schrift und selbst das Heilwässerchen schmeckt plötzlich hochprozentiger.

Doch so schnell wie ein Gewitter vorüber ist, so schnell ist auch der Donner der Donner in diesem Kleinod der Lyrik verklungen. Die von unzähligen Pferdestärken zerpflügten Pfade der Stadt bleiben als einzige Erinnerung an die Besucher aus dem Osten. Die Händler und Bäderbetreiber lamentieren gegen einen blau-gelben Sternenkreis, der den Donner verstummen ließ. Am Ende des Gedichtes suchen sie nach einem halbmondförmigen Ersatz für den Donner und als Gegengewicht zum Sternenkreis.

„Die fachkundige Textexegese wird Literaturexperten sicherlich viele Jahre in Atem halten. Aus kulturhistorischer Sicht kann man aber bereits heute von einem Donnerschlag sprechen“, sagte dem LandesEcho die britische Goethologin April Fools.

 

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