Am Dienstag besuchte unsere Landesbloggerin Kseniia die Ausstellung der Böhmischen Kronjuwelen. Sie stand drei Stunden lang an und hatte fünf Minuten, sich die königlichen Insignien anzusehen. Für sie hat es sich aber trotzdem gelohnt. Nur die Krone erschien ihr etwas zu groß für den Kopf des Königs.

Als ich gegen 14 Uhr an der Prager Burg ankam, war ich von der riesigen Menschenschlange überrascht, die bis zum Eingang des Burggeländes reichte. Daraufin stellte ich fest, dass sich die Schlange um die Ecke herum sogar noch fortsetzte. Ich überlegte schon kurz, ob ich wieder gehen sollte, aber entschied mich dann doch zu bleiben. Mitarbeiter von der Touristeninformation sagten mir, dass die Warteschlange an den südlichen Gärten beginne und dass ich mich auf eine Wartezeit von etwa zwei bis drei Stunden einstellen müsse! Die Warteschlange sei insgesamt etwa 500 Meter lang… Ich machte mich also auf die Suche nach dem Ende der Schlange, das ich auch bald fand.

Dank des sonnigen Wetters war die fast dreistündige Wartezeit kein Problem. Eine kleine Gruppe von Rentnern stand mit einem kleinen Mädchen vor mir in der Schlange, gefolgt von zwei hübschen Studentinnen. Wir hatten ein nettes Gespräch. Da ich nicht sehr gut tschechisch spreche, aber sehr gut verstehe, war ich ein guter Zuhörer. Mit den Jugendlichen konnte ich mich auf Englisch unterhalten.

Als wir nach einer Stunde im Ludwigsflügel (Tereziánské křídlo) ankamen, konnten wir heiße Getränke kaufen, darunter Glühwein und geröstete tschechische Oblaten. Das half, sich für die nächsten zwei Stunden des Wartens aufzuwärmen und zu stärken.

Über den Ludwigsflügel erreichten wir langsam den St. Veitsdom. Während wir auf die Ausstellung warteten, verteilten Mitarbeiter aus der Touristeninformation Broschüren über die Insignien in tschechischer Sprache, in denen ich etwas über den Inhalt der Ausstellung und die Geschichte der Juwelen erfahren konnte, was die Wartezeit etwas verkürzen sollte.

Schlange vor dem Veitsdom

Die Schlange vor dem Veitsdom. Foto: Kseniia Pulargina

Historische Strecke

Beim Betreten des Veitsdoms scannte ein Metalldetektor mich und meine Habseligkeiten und ich machte mich schließlich auf den Weg zum Beginn der Ausstellung. Diese begann mit der Geschichte der Krönung. Die Kronjuwelen werden nur selten, zu bestimmten Anlässen gezeigt. Interessant fand ich den Fakt, dass die Kronjuwelen der breiten Öffentlichkeit erstmals nach der Verlegung aus Wien am 29. August 1867 gezeigt wurden. Das zweite Mal war vom 22. September bis 6. Oktober 1929 anlässlich der Feier zum tausendsten Geburtstag des Hl. Wenzels. Das dritte Mal waren die Insignien des einstigen Königreichs Böhmen vom 25. bis zum 30. Oktober 1945 zu Ehren der wiederhergestellten Tschechoslowakischen Republik zu sehen.

Danach wurden die Etuis für die Krone und den Reichsapfel vorgestellt. Das zweiteilige Etui zum Schutz der Wenzelskrone wurde 1347 in Prag durch das Zusammennähen von Teilen aus dickem Rindsleder hergestellt. Das Lederetui für den Reichsapfel wurde nach dem Entwurf von František Kysela anlässlich des tausendsten Geburtstags des Heiligen Wenzels im Jahr 1929 hergestellt.

Anschließend ging ich zur Fotoausstellung, wo ich einige Details der königlichen Insignien sehen konnte. Dies war eine großartige Ergänzung, da die Originale aus Sicherheitsgründen nur aus etwa zwei Meter Entfernung betrachtet werden können.

Etuis

Die Etuis für die Krone und den Reichsapfel. Foto: Kseniia Pulargina

Die Helden der Stunde

Als Nächstes hatte ich die Möglichkeit, den Schädel des Heiligen Wenzels zu sehen. Daneben war außerdem ein Porträt des Heiligen Wenzels ausgestellt, das der Maler Pavel Dvorský, der sich seit langem mit wissenschaftlicher Illustration beschäftigt, im vergangenen Jahr anfertigte. Die Grundlage für die Zeichnung war der Schädel Wenzels und die anthropologische Forschung von Prof. Jindřich Matiegka.

Ganz am Ende der Ausstellung erwartete mich die Wenzelskrone und andere Hauptinsignien. Als ich die Krone sah, war ich überrascht. Sie schien mir zu groß für den Kopf des Königs. Laut der Geschichte sollte die Krone nach ihrer Schaffung fortan als Staatsjuwel bei der Krönung der böhmischen Könige verwendet werden. Nach den Bestimmungen Karls IV. sollte sie nur zu den Krönungen und ähnlich bedeutenden Staatsakten aus dem Prager Domschatz entnommen und am selben Tage wieder zurückgegeben werden.

Wenzelskrone

Von links nach rechs zu sehen: Das Schwert des Heiligen Wenzels, Zepter, die Wenzelskrone, der Reichsapfel und das Krönungskreuz. 

Schädel des Hl Wenzels

Der Schädel des Heiligen Wenzels. Foto: Kseniia Pulargina

Das ausgestellte Set enthielt außerdem noch das Krönungskreuz, den Reichsapfel, das königliche Zepter und den Krönungsmantel. Außerdem wird das Schwert des Heiligen Wenzel ausgestellt, das eine wichtige Rolle bei der Krönung tschechischer Könige spielte.

Auch der luxuriöse Krönungsmantel ließ mich nicht gleichgültig. Ich stellte mir vor, der König würde in diesem Gewand spazieren gehen und sich feierlich eine Krone aufsetzen. Den Mantel ließ 1653 der Habsburger König Ferdinand IV. herstellen.

Krönungsmantel 2

Der luxuriöse Krönungsmantel. Foto: Kseniia Pulargina

Am Ende war ich von der Ausstellung absolut begeistert. Ich sah echte Artefakte und lernte die Geschichte Böhmens noch besser kennen.

Noch ein Tipp von mir: Ziehen Sie sich für die lange Wartezeit warm an und bringen Sie Ihren eigenen Tee mit. Diese Gelegenheit, die Geschichte zu erleben, sollten Sie sich nicht entgehen lassen!

Kseniia vor dem Veitsdom

 Kseniia vor dem Veitsdom. Foto: Archiv von Kseniia Pulargina

Die Ausstellung der Böhmischen Kronjuwelen wurde aufgrund des großen Interesses verlängert und läuft noch bis Dienstag, den 24. Januar 2023. Bis Samstag (21.1.) hat die Ausstellung der Insignien von 9.00-17.00 Uhr, am Sonntag nach der Messe von 14.30-21.00 Uhr und dann noch einmal am Montag und Dienstag (23./24.1.) jeweils von 8.00-18.00 Uhr geöffnet. Mehr Informationen finden Sie auf der Website der Prager Burg.


Kseniia PularginaHallo, liebe Leserinnen und Leser,

ich heiße Kseniia Pulargina und genieße meinen zweiten Aufenthalt in der Tschechischen Republik. Ich finde dieses Land so spannend und attraktiv und ich wollte schon immer hier wohnen, um mich in die tschechische Atmosphäre einzufühlen. Nun habe ich diese Möglichkeit erhalten, da ich im Rahmen meines Studiums der Osteuropastudien an der Universität Hamburg ein Pflichtpraktikum beim LandesEcho in Prag absolviere. Ursprünglich stamme ich aus der russischen Stadt Samara an der Wolga.

Ich bin sehr aufgeregt wegen dieser Praktikumsstelle und ich freue mich, neue Erfahrungen zu sammeln, Informationen zu recherchieren und meine Ideen mit Ihnen zu teilen. Das ist eine gute Chance, die tschechische Kultur und die deutsche Minderheit kennenzulernen.

 

 

 

 

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