Heute wäre Zdeněk Miler 101 geworden. Unsere LandesBloggerin Rebecca hat sich dorthin auf den Weg gemacht, wo alle großen und kleinen Krtek-Fans einmal hin (pilgern) sollten.

Kladen (Kladno) – eine Industriestadt ungefähr 30 Kilometer westlich von Prag. Ein Ort, den man scheinbar nicht als Reiseziel vermutet. Ein Halt an dem mich der fröhlich zur Musik aus dem Radio pfeifende Busfahrer beim Aussteigen fragt: „Hier wolltest du hin?“. Ja, genau hierher wollte ich. Denn hier ist er 1921 geboren – der Papa des Kleinen Maulwurfs. Genauer gesagt am 21. Februar um vier Uhr morgens. So heißt es in der Dauerausstellung im Schloss (Kladenský zámek), die Zdeněk Miler gewidmet ist. Nun, so früh war ich nicht unterwegs dorthin. Als ich um 10 Uhr ankomme, scheint bereits die Sonne über die Dächer und von der Anhöhe des Busbahnhofs aus kann ich den dunklen Qualm sehen, den die Schornsteine im Industriepark in die Luft pusten. Auf der anderen Seite steht der Wegweiser zum Schloss. Und während ich so durch die Straßen laufe, fällt mir auf, dass Kladen nicht nur aus bunten Plattenbauten besteht, es gibt auch sehr schöne historische Gebäude.

Knapp 69. 000 Einwohner und ein großer Plüschmaulwurf

Das Schloss in Kladen ist nicht so groß und märchenhaft wie das „Dornröschenschloss“ in Frauenberg (Hluboka nad Vltavou), aber hier residiert der Kleine Maulwurf und allein deshalb ist es für mich schon einen Abstecher wert. Das gelbe Herrschaftshaus hat nebenan noch einen kleinen Park und beherbergt im Inneren mehrere Ausstellungen. Unter anderem die Besagte zu einer der Ortsberühmtheiten – Zdeněk Miler und seinem grauen, pelzigen Freund.

Am Anfang stand jedoch gar nicht der Kleine Maulwurf (oder „Krtek“ beziehungsweise „Krteček“ auf Tschechisch), sondern ein grimmig guckender Millionär. Es war Zdeněk Milers erster Film nach der Erzählung „Über den Millionär, der die Sonne stahl“ (O milionáři, který ukradl slunce) von Jiří Wolkera, der – 1948 in schwarz-weiß entstanden – von Kladen inspiriert wurde.

Der originale Arbeitstisch von Zdeněk Miler ist Teil der Ausstellung. Foto: Rebecca Cischek

Der originale Arbeitstisch von Zdeněk Miler ist Teil der Ausstellung. Foto: Rebecca Cischek

Die Idee zum Kleinen Maulwurf kam Miler, so munkelt man, als er für Kinder einen Trickfilm zum Thema Tuchherstellung entwerfen sollte und plötzlich über einen Maulwurfhügel stolperte. Das war im Jahre 1957. Damals, in der ersten Folge, sah der knuffige Geselle noch nicht ganz so aus, wie er uns heute von sämtlichen Schulheften, Tassen, Puzzles, Stiften und allen erdenklichen Souvenirs treuherzig anguckt. Seine blaue Latzhose musste er in der allerersten Folge erst einmal selbst herstellen. Schon gewusst, dass er in dieser ersten Folge auch sprechen kann? Danach entschied man sich aber, den Kleinen Maulwurf nur noch Laute von sich geben zu lassen. Diese wurden von Zdeněk Milers kleinen Töchtern aufgenommen. Damit begab sich der Krtek dann auch auf eine international erfolgreiche Reise, weil er überall verstanden wurde.

Weltraumauskundschafter und Sportcoach

Und was hat der Kleine Maulwurf seitdem nicht schon alles erlebt? – Er rettete einen Schneemann vor der Hitze, lernte Autofahren, werkelte im Garten oder entdeckte verschiedenste Sachen wie Kaugummi, einen Regenschirm oder einen Fernseher. In den 49 Filmchen schlüpfte der Kleine Maulwurf auch immer wieder in Berufe und erlebte so große und kleine Abenteuer. 1966 flog er in einer der ersten Folgen mit einer Rakete ins All. Dann – 45 Jahre später – wurde dieses Abenteuer für einen zwanzig Zentimeter großen Plüsch-Krtek tatsächlich Wirklichkeit. Es war der US-amerikanische Astronaut Andrew Feustel, dessen Schwiegermutter aus Tschechien stammt, der im Jahr 2011 den Kleinen Maulwurf einlud, mit zur internationalen Raumstation ISS fliegen. An einer weiteren Mission durfte dann 2018 auch der Sohn des Krteček, so bezeichnete Feustel die damals nur zehn Zentimeter kleine Figur, teilnehmen und dort knapp ein halbes Jahr verbringen. Zwischen seinen Ausflügen in den Weltraum sollte der Kleine Maulwurf auch Kindern Lust auf Sport machen, als er 2015 als Maskottchen für die Hallen-Leichtathletik-EM in Prag ausgewählt wurde.

Aber nicht nur der Kleine Maulwurf hat eine Verbindung zum All, wie ich hier in der Ausstellung erfahre. Schon gewusst, dass nach seinem Schöpfer auch ein Planet benannt wurde? – Planet (20364) Zdeněk Miler. Er wurde von 1998 von M. Tichý und Z. Moravec entdeckt und umkreist seine Sonne alle 5,02 Jahre.

Gestorben ist Zdeněk Miler am 30. November 2011 in Neudorf bei Mnischek (Nová Ves pod Pleší). Aber mit dem Kleinen Maulwurf hat er sich verewigt und bereitet seinen vielen großen und kleinen Krtek-Fans Freude. Zugegeben, ich zähle wohl in die erste Kategorie und habe mich wie ein kleines Kind gefreut, als am Ende der Führung auch die dritte Tür der Ausstellung geöffnet wurde – mit dem Verweis, das sei der Raum für Kinder. Ich ergriff die Chance und machte dort mit einem großen Plüschmaulwurf ein Selfie. Und wer weiß, vielleicht wandert auch ein kleines Krtek-Souvenir aus Tschechien nach meinem Praktikum mit mir zurück.

Der Kleine Maulwurf und ein großer Fan. Foto: Rebecca Cischek

Der Kleine Maulwurf und ein großer Fan. Foto: Rebecca Cischek


Ahoj zusammen! Rebecca Cischek

Ich heiße Rebecca Cischek und bin die neue Praktikantin beim LandesEcho. Von Februar bis April unterstütze ich die Redaktion im schönen Prag. In Tschechien bin ich nicht zum ersten Mal, aber erstmals für längere Zeit in der Hauptstadt – und deshalb auch schon sehr gespannt darauf, was ich hier alles entdecken kann. Das Praktikum ist Teil meines Masters Ost-West-Studien in Regensburg. Ein Fokus liegt dabei auf Dialog, Austausch und interkultureller Zusammenarbeit. Austausch und Begegnung sind für mich ein unersetzbarer Teil für gegenseitige Verständigung. Deshalb freue ich mich auch, die deutsche Minderheit kennenzulernen und durch die Mitarbeit in der Redaktion den deutsch-tschechischen Dialog unterstützen zu können.

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