Nichts los an der Tankstelle Travel Free in Peterswald (Petrovice) an der Grenze zu Sachsen. Foto: Steffen Neumann

Die Corona-Probleme in Deutschland und Tschechien wachsen. Werden die Ministerpräsidenten Michael Kretschmer und Andrej Babiš damit noch ihr Versprechen halten können, die Grenze nicht zu schließen. Das und weitere Fragen rund um die Situation an der Grenze stellte das LandesEcho dem tschechischen Botschafter in Berlin, Tomáš Kafka.

LE Herr Botschafter, es gibt beiderseits der deutsch-tschechischen Grenze ein bisschen Rätselraten darüber, was im kleinen Grenzverkehr erlaubt ist und was nicht. Tschechien hat die Einreise von Deutschen aus „touristischen Gründen“ vorerst untersagt. Nur mit „triftigen Gründen“ darf man über die Grenze. Sind Tanken und Zigarettenkauf auch solche triftigen Gründe?

Die Zeiten von Covid sind nicht unbedingt Zeiten, wo Klarheit floriert und Regeln den Menschen das Leben einfacher machen. Da sind die aktuellen tschechischen Verordnungen keine Ausnahme. Wir betrachten Deutschland zurzeit nicht als Risikogebiet. Deswegen ist es angebracht, mehr von dringenden Empfehlungen zu reden. Klar ist: die Grenzen sind prinzipiell offen. Und wir wollen, im Einklang mit der deutschen Seite, alles tun, dass das so bleibt. Tanken und Zigarettenkauf können in die Kategorie des normalen Einkaufsbedarfs eingeordnet werden. Einkäufe sind auch ein guter Grund für die tschechischen Bürger, um ihr Haus zu verlassen.

Tomáš Kafka Botschafter in D Tschechien CTK dpa Wolfgang Kumm web klein

LE Plant die tschechische Seite eine Kontrolle des kleinen Grenzverkehrs?

Nein. Ich bin froh, dass die deutsche wie auch tschechische Seite gemeinsam der Devise folgen, dass Kontrolle gut ist, aber Vertrauen besser. Ich kann nur hoffen, dass sich unsere Bürger so verhalten, dass diese Devise auch in der Zukunft für unsere Beziehungen maßgebend bleiben wird.

LE Die Regierungschefs Babiš und Kretschmer haben betont, dass die Grenze nicht noch einmal wie im Frühjahr geschlossen werden soll. Ist dieses Versprechen an die Bevölkerung angesichts der wachsenden Corona-Zahlen in beiden Ländern zu halten?

Beide Regierungschefs, so wie ich sie kenne, werden alles tun, um dieses Versprechen einzulösen. In der heutigen Welt müssen wir jedoch auf alles gefasst sein. Ich bin trotzdem zuversichtlich, dass nicht nur unsere Regierungschefs sondern wir alle unseren Beitrag dazu leisten werden, dass die Grenzen offen bleiben können.

LE Prag hat tschechische Ärzte, die im Ausland arbeiten, gebeten, zeitweise in ihrer Heimat bei der Bekämpfung der Pandemie zu helfen. Welches Echo hat das in Deutschland gefunden?

Dieser Appell kam von der tschechischen Ärztekammer und basierte ausschließlich auf dem Prinzip der Freiwilligkeit. Also wer sich es leisten kann, wer es mit seinem Arbeitgeber in Deutschland so arrangieren kann, ist herzlich willkommen. Es gab darauf sowohl positive Reaktionen als auch Kommentare, wonach die tschechischen Ärzte auch im Ausland alle Hände voll zu tun haben.  

LE Angehörige der Bundeswehr sollen voraussichtlich zu den insgesamt 300 Medizinern aus EU- und Nato-Staaten gehören, die dem tschechischen Gesundheitswesen für drei Monate unter die Arme greifen werden. Wie bewerten Sie das?

Diese Sache hat das Potenzial, ein wunderbares Kapitel in der modernen deutsch-tschechischen Geschichte zu werden. Es ist schade, dass diese Hilfe notwendig ist. Doch es ist wunderbar, dass sie möglich ist!

LE Gibt es bereits feste Absprachen, im Notfall auch tschechische Corona-Patienten in Deutschland zu behandeln, wenn dort Platz dafür ist? Und wer würde diese Betreuung bezahlen?

Ja, die Absprachen sind im vollen Gange. Auch die Frage der Kosten sowie der ganzen damit zusammenhängenden Logistik. Auch hier gilt: Es ist einfach toll, dass wir in den tschechisch-deutschen Beziehungen und in der ganzen EU so weit sind, dass wir das Gefühl haben dürfen, nicht allein zu sein! Dafür, wie generell für die derzeit sehr konstruktive, ergebnisorientierte Zusammenarbeit mit unseren unmittelbaren Nachbarn Sachsen und Bayern, bin ich unheimlich dankbar! 

Die Fragen stellte Hans-Jörg Schmidt.

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