Der ehemalige NATO-General Petr Pavel und der Unternehmer Andrej Babiš schaffen den Einzug in die Stichwahl um die tschechische Präsidentschaft. Die Ökonomin und ehemalige Rektorin der Mendel-Universität in Brünn, Danuše Nerudová, bleibt deutlich hinter den Erwartungen zurück. Eine hohe Wahlbeteiligung, russische Hackerangriffe und gespaltene Meinungen in Europa prägten das Wahlwochenende.

Wie erwartet geht die Präsidentschaftswahl in Tschechien in die zweite Runde. Dort trifft der Unternehmer und Ex-Premier Andrej Babiš auf den ehemaligen NATO-General Petr Pavel. Nachdem Babiš bei den ersten ausgezählten Bezirken in Führung ging, legte Pavel eine Aufholjagd hin. Nachdem fast alle Bezirke ausgezählt wurden, kommt Pavel auf 35,34 % und Babiš auf 35,05 %. Die Wahlbeteiligung war so hoch wie seit 25 Jahren nichtmehr. Insgesamt gaben 67,9 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme ab.

Nerudová und Fischer unterstützen Pavel

Die dritte Spitzenkandidatin Danuše Nerudová verpasste mit knapp 14 % der Stimmen den Einzug in die zweite Runde deutlich. Sie rief dazu auf, in der Stichwahl Petr Pavel zu unterstützen und gratulierte ihm als dem demokratischen Sieger. „Hier gibt es immer noch ein großes Böses und sein Name ist Andrej Babiš“, so Nerudová. Auch der Viertplatzierte Pavel Fischer (6,8 %) erklärte seine volle Unterstützung für Pavel.

Babiš sei nicht die Zukunft Tschechiens, erklärte Petr Pavel. Er erwartet, dass der Wahlkampf nun härter wird. „Er kann wahrscheinlich nicht ohne Fouls spielen“, so Pavel über Babiš. Andrej Babiš erhält vor allem Unterstützung aus seiner Partei ANO. Der stellvertretende ANO-Vorsitzende Karel Havlíček erklärte seinen Erfolg im Tschechischen Fernsehen mit den vier Jahren, die Babiš als Premier hart für die Republik gearbeitet habe. „Bisher sieht es so aus, als würde es deutlich besser werden, als alle Umfragen angezeigt haben“, so Havlíček.

Damit stehen am 27. und 28. Januar zwei sehr unterschiedliche Kandidaten zur Wahl. Die Stichwahl wird eine Richtungswahl, ein Stimmungsbild zur aktuellen Regierungspolitik. So steht Pavel eher für die aktuelle politische Linie und eine feste Westanbindung Tschechiens. Babiš hingegen ist ein scharfer Kritiker der Regierung Fiala sowie der EU und stellt die Sanktionen gegen Russland in Frage. Beide Kandidaten sorgten mit zweifelhaften Tätigkeiten während der Zeit des Realsozialismus für Aufsehen und gingen mit historischem Ballast in die Wahl. Babiš wird seine Tätigkeit für die tschechoslowakische Staatssicherheit vorgeworfen, Pavels Ausbildung im Militärgeheimdienst sorgte ebenfalls für Kontroversen.

Wahlen unter russischen Angriffen

Nicht nur die breite Unterstützung eines ehemaligen NATO-Generals zeigt die Auswirkungen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine, er nahm auch direkten Einfluss auf die Wahl. Bereits am Freitagmorgen überschatteten Hackerangriffe auf die Webseiten der Kandidaten Petr Pavel und Tomáš Zima den ersten Wahltag. Nach Informationen der Nationalen Cyber- und Informationssicherheitsagentur NUKIB sei die russische Hackergruppe NoName057 dafür verantwortlich gewesen.

Auch am zweiten Wahltag wurden Hackerangriffe gemeldet, diesmal auf die Webseite des tschechischen Statistikamtes (ČSÚ). Die verwendete Software soll von einer pro-russischen Gruppe erstellt worden sei. Die Verarbeitung der Ergebnisse der Präsidentschaftswahlen selbst sei von ihrer Präsentation auf der Webseite getrennt, versicherte das Statistikamt.

Doch auch die direkte Stimmabgabe war von Russlands Krieg betroffen. Während überall auf der Welt in den Botschaften und Konsulaten abgestimmt wurde, musste die Wahl in Kiew am Samstag für etwa eine Stunde unterbrochen werden. Grund hierfür waren russischen Raketenangriffe auf die ukrainische Hauptstadt, das tschechische Botschaftspersonal und die Wahlkommission mussten sich in einem Schutzraum in Sicherheit bringen.

Ukraine und Deutschland blicken skeptisch auf Andrej Babiš

In Europa standen die Kandidaten unter gespaltener Beobachtung. In Deutschland und der Ukraine blickte man skeptisch auf Andrej Babiš. Die ARD sieht in der Wahl vor allem eine Entscheidung für oder gegen den ehemaligen Premier, einen Populisten, der gegen die EU wettere. Die Deutsche Welle bezeichnete den Milliardär als den „tschechischen Orbán“. In der Ukraine blickt die Evropská pravda ebenfalls skeptisch auf Babiš, da dieser nicht hinter den Sanktionen gegen Russland stehe. Sein Sieg sei das schlimmstmögliche Szenario für die Ukraine, da er die tschechische Unterstützung des angegriffenen Staates gefährde.

Ganz anders blickt man hingegen in Polen auf die Wahl. Hier steht vor allem der ehemalige NATO-General Pavel im Fokus der Medienlandschaft. Pavel orientiert sich innerhalb Europas klar westlich und übte deutliche Kritik an der Zusammenarbeit der Visegrad-Gruppe. Ungarns Ministerpräsident Orbán pflegt eine enge Beziehung zu Russland und setzt sich für eine Aufhebung der Sanktionen ein. Pavel betonte die Unterschiede bei der Haltung gegenüber Russland und in grundsätzlichen politischen Fragen. In Polen fürchtet man deshalb eine neue außenpolitische Orientierung des kommenden Präsidenten.

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