Der tschechische Entertainer Karel Gott ist gestorben. Wie seine Familie mitteilte, verschied er am Dienstagabend kurz vor Mitternacht. Der 80-jährige hinterlässt seine Ehefrau Ivana und vier Kinder.

In Deutschland war er der Schlagersänger, die Goldene Stimme aus Prag. Doch in Tschechien war Karel Gott ein Superstar. „Die jüngere Geschichte dieses Landes lässt sich nicht erzählen ohne Karel Gott“, sagte der Musikjournalist Pavel Klusák in einem Interview für den Sender DVTV zu seinem 80. Geburtstag.

Wer den ersten Auftritt nach der Heilung von seiner Krebserkrankung vor drei Jahren in der Prager Lucerna erlebte, kann erahnen, was Gott für seine Tschechen bedeutete. Eigentlich nur als Gast auf dem 70. Geburtstag von Hana Zagorová angekündigt, sorgte seine bloße Anwesenheit für Gänsehaut in dem voll besetzten Saal. Kaum erschien Gott auf der Bühne, erhoben sich alle Zuschauer. Und der Meister, wie er von seinen Tschechen gern genannt wurde, ließ sich nicht lange bitten, und gab tatsächlich wieder ein Lied zum besten.

Der Autor vor allem in Deutschland so bekannter Schlager wie Babička, Biene Maja oder Lady Carneval brachte in seiner fast 60 Jahre währenden Karriere mehr als 150 Tonträger heraus, die rund 30 Millionen Mal verkauft wurden. Gebürtig in Pilsen (Plzeň) lernte er zunächst Elektriker. Zuvor hatte er sich erfolglos an der Kunsthochschule beworben, allerdings nicht als Sänger, sondern als Maler. Der Erfolg kommt aber mit dem Umstieg auf den Gesang. Zunächst tingelt er als Sänger auf verschiedenen Wettbewerben. Dann gelingt die Aufnahme am Konservatorium. 1962 kommt der Durchbruch mit dem ersten Engagement am Prager Theater Semafor, damals ausgestattet mit einem Starensemble. 1963 gewinnt er erstmals die wichtigste Trophäe der tschechischen Popmusik, die Goldene Nachtigall.

Seine erste Auslandstournee führt ihn übrigens mit großem Erfolg in die USA. Dort erhielt er den Titel „Frank Sinatra des Ostens“. Bald schon startet er die Zusammenarbeit mit dem begnadeten Songschreiber Karel Svoboda, der nicht nur ihm einen Hit nach dem anderen auf den Leib schneiderte. Seine internationale Karriere wurde wie bei vielen anderen vom Eurovision Song Contest angestoßen. 1968 nahm er daran teil, allerdings nicht für die Tschechoslowakei, sondern Österreich. Was folgte waren regelmäßige Tourneen ins europäische Ausland. Die wurden auch nicht durch die Niederschlagung des Prager Frühlings gestoppt. Im Gegenteil, seine außerordentliche Popularität verhalf ihm sogar, sich von der kommunistischen Führung zu emanzipieren. Anfang der 1970er Jahre kehrte er von einer Tournee im Westen solange nicht zurück, bis er sich von der Partei einen Freibrief erhandelt hatte. Er darf weiter zwischen den Systemen reisen, solange der dem Regime loyal gegenüber bleibt. Das führt allerdings dazu, dass er gemeinsam mit vielen anderen Künstlern 1977 die Anti-Charta unterzeichnet, eine Art Treueschwur auf die kommunistische Partei gegen die Systemkritik der Charta 77 durch Dissidenten.

Seiner Popularität hat dieses Kapitel jedoch nie geschadet, im Gegenteil, sie schien immer mehr zu wachsen, je älter Gott wurde. Gott brillierte in verschiedenen Genres zugleich. Mit seinem glasklaren Tenor überzeugte er auch im klassischen Reportoire, interpretierte Schlager, Jazz, Rock’n’Roll, Blues, Country und Swing gleichermaßen vollendet. Und vor allem lag Gott nie daneben. Als Entertainer der alten Schule hatte er ein untrügliches Gefühl für den stilsicheren Auftritt wo immer und mit wem er sich zeigte und sei es der Rapper Bushido.

Gott übersteht auch das Ende des Kommunismus. Zwar liebäugelte er Anfang der 1990er mit dem Karriereende. Doch von seinen Fans wurde er im Gegensatz zu anderen nie als Produkt des Sozialismus wahrgenommen. Über die Jahre trat Gott auch immer wieder als Maler mit seinen Bildern auf. Doch an seinen Erfolg als Sänger konnte der Maler Gott nie heranreichen.

2015/16 überstand der Sänger eine schwere Erkrankung an Lymphdrüsenkrebs und feierte darauf hin eine wundersame Auferstehung. Er trat wieder auf und spielte neue Lieder ein. Fast schien es so, Karel Gott sei tatsächlich Forever young (Für immer jung), wie er einst mit Rapper Bushido sang. Doch dann kam die Diagnose akute Leukämie wie ein Schock. Gott wusste darum schon lange und ließ sich unbeachtet von der Öffentlichkeit behandeln. Im Juli konnte er noch seinen 80. Geburtstag feiern, ehe er Anfang September mit seiner Erkrankung an die Öffentlichkeit ging. Da dürfte er schon geahnt haben, dass er diesen zweiten Kampf gegen den Krebs nicht gewinnen wird.


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