Die Heilige Mutter Gottes mit dem Jesuskind - Foto: Pixabay

Im katholischen Kirchenjahr ist der Mai besonders der Verehrung der Gottesmutter Maria gewidmet, weshalb er auch als Marienmond bezeichnet wird. Dass man die Heilige Maria auch bei uns im Kuhländchen verehrt, bestätigen die vielen Sagen.

Die Entstehung der Marienkapelle in Köttnitz

Ein fremder Soldat bat einst einen Landsmann in Köttnitz (Skotnice), er möchte ihn, da er nicht genug Geld habe, um ein Nachtlager in Freiberg (Příbor) zu bezahlen, einen Tag beherbergen. Der Bauer erfüllte die Bitte des Armen. Ihn in die Bodenkammer führend, sprach er: „Macht es Euch hier bequem und wenn Ihr etwas benötigt, so sagt es. Ich will Euch gerne einen Wunsch erfüllen.“

Dem Krieger, der von Beruf Maler war, behagte das freundliche Wesen seines Gastgebers. Während er aus dem Tornister sein Malzeug nahm, fiel ihm ein, er sollte dem Manne eine kleine Freude bereiten. Er stellte einen Bilderrahmen auf, spannte eine Leinwand darüber, nahm Farben und Pinsel und begann zu malen. Als der Abend ihn zwang, die Arbeit einzustellen, war das Bild – die schmerzhafte Gottesmutter – zur Hälfte fertig. Er legte es in eine Lade und begab sich zur Ruhe. Doch welch unangenehme Überraschung brachte ihm der Morgen: Das Bild war aus der Lade, ja aus dem Zimmer verschwunden. Alles Suchen war vergebens. Und doch konnte es niemand entwendet haben, waren die Tür und Fenster die Nacht über verschlossen gewesen. Er stand vor einem Rätsel.

Inzwischen trug sich draußen auf dem Felde Folgendes zu: Während des Ackerns blieben die Tiere plötzlich stehen. Weder Zurufe noch Schläge vermochten sie zum Weiterziehen bewegen. „Was sie nur haben?“, dachte der Bauer und blickte dabei zu der Eiche empor, die am nahen Rain stand. „Was leuchtet in ihren Zweigen? Ein Bild! Ein Bild der heiligen Jungfrau! Wer hat das nur hinaufgelegt?“ Verwundert schüttelte der Bauer den Kopf. Dann kniete er nieder, faltete die Hände und betete ein Vaterunser. Nachdem er sich erhoben hatte, blickte er wieder zum Baume hinüber: Doch wie sonderbar, das Bild war nicht mehr zu sehen.

Schon das dritte, oder gar das vierte Mal hatte der Soldat das Zimmer durchsucht und noch immer nichts gefunden. Noch einmal öffnete er die Lade – und es schien ihm ganz unfassbar – in ihr lag das Bild, genauso wie er es gestern Abend hineingelegt hatte. Er vollendete es und schenkte es dem Bauern. Der erkannte darin das Gemälde, das er während des Pflügens gesehen hatte. Diese seltsamen Vorfälle schienen dem Landsmanne eine Weisung des Himmels zu sein, an Stelle der Eiche eine Kapelle zu errichten und in ihr das Bild aufzuhängen.

Bald wurde der Bau ausgeführt. Sie steht heute noch und darin befindet sich über dem Altare das Bild, das der dankbare Soldat gemalt hat.

Das Marienbild auf dem Kelbersberge

Ein Grundbesitzer in Gerlsdorf (Jerlochovice) namens Kelbel gewährte einem Wanderer Nachtherberge. Als dieser dann am Morgen nach seiner Schuldigkeit fragte und darauf die Antwort „nichts“ erhielt, schenkte er seinem gastfreundlichen Wirte ein schönes Marienbild. Die folgende Nacht und danach noch einige Male träumte Kelbel, er solle das Bild einrahmen lassen und auf der Eiche, die auf seinem Grunde am Odrauer Wege steht, aufhängen. Er erzählte den Traum seiner Frau und diese riet ihm der Aufforderung, die ihm wie eine Stimme Gottes im Traume vorkam, nachzukommen. So wurde das Bild an der Eiche angebracht.

Anfangs waren Kelbel und seine Frau die einzigen, die davor beteten. Nach und nach mehrte sich die Zahl derer, die dort die Gottesmutter um eine Gnade anflehte.

Eines Tages lud Kelbel einen Freund ein, mit ihm mitzugehen: Die Muttergottes habe, so sagte er, am Tage vorher geweint. Als beide vor dem Bilde ihre Andacht verrichteten, sprach Kelbel plötzlich: „Sech Andres, wie die Troppe kaule[*]“ – Andreas sah aber nichts. Er glaubte, nicht würdig zu sein, den Schmerz der Himmlischen zu sehen.

Bald machten Erzählungen von wunderbaren Gebetserhörungen weit und breit die Runde und Prozession um Prozession wanderte zu dem Gnadenbild. An manchen Tagen sollen die Glocken in Gerlsdorf nicht zur Ruhe gekommen sein. Das Opfergeld fiel dabei so reichlich in den Opferstock, dass es auf Schubkarren nach Fulnek gebracht wurde.

Eines Morgens war das Bild verschwunden. Allen Anzeichen nach war es in der Nacht entwendet worden. Bei der Ernte fand man es zerknüllt in einem Kornfelde. Kelbel legte es in den alten Rahmen, tat jedoch ein neues, ähnliches Bild, darüber. Seither gibt es weniger Prozessionen: Nur noch an zwei Tagen im Jahre finden solche statt.[†]

Die Marienbildsäule auf dem Stadtplatze in Freiberg

Im Jahre 1714 wütete in vielen Orten unseres Vaterlandes eine furchtbare Krankheit, die Pest oder der schwarze Tod. In Freiberg hauste sie so arg, dass an ihr täglich dreißig bis vierzig Menschen starben. Die Freiberger, die sie als eine Strafe des Himmels ansahen, beschlossen ihre Stadt der heiligen Maria zu weihen und gelobten, falls die Krankheit bald erlösche, ihr eine schöne Statue aufstellen zu lassen. In feierlicher Prozession zogen sodann die Priester mit Weihwasser durch den Ort, Straßen und über Plätze. Da die Krankheit bald darauf die Stadt verließ, errichteten die Freiberger, so wie sie gelobt hatten, inmitten des Platzes ein Marienstandbild.


[*] „Sieh Andreas, wie die Tränen fließen!“

[†] Die Begebenheit soll sich im Jahre 1853 zugetragen haben. Das Bild ist eine sogenannte Czenstochauer Mutter Gottes.

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