Isabella Krystjonczuk, Manh Huy Phuong und Lilli Boucniková (v.l.), Foto: Friederike Aschhoff

Isabella Krystjonczuk, Manh Huy Phuong und Lilli Boucniková sind 15 Jahre alt. Sie gehen in die 9. Klasse der Deutschen Schule in Prag. Isabella und Manh besuchen den deutschen Zweig und Lilli den tschechischen. Ab der zehnten Klasse werden die beiden Züge zusammengelegt und sich auf das Abitur vorbereitet. Sie haben alle einen anderen Grund, warum sie die deutsche Sprache sprechen. In einem Interview erzählen sie wie es ist, mehrsprachig aufzuwachsen.

LE: Wie ist eure Beziehung zur deutschen Sprache?

Isabella: Bis ich zwölf war habe ich in Deutschland gelebt. Meine Mutter ist Tschechin. Mein Vater war halb Pole, halb Deutscher und deshalb habe ich eigentlich nur Deutsch gelernt. Seitdem meine Mutter und mein Stiefvater zusammen sind und ich hier lebe, lerne ich richtig Tschechisch. Mit ihm und meinem kleinen Bruder spreche ich nur Tschechisch, weil mein Bruder nur Tschechisch aufwachsen soll. Und mit meiner Mutter rede ich immer gemischt Deutsch und Tschechisch.

Manh: Ich spreche insgesamt fünf Sprachen. Zuhause spreche ich Vietnamesisch. Seit einem Jahr bin ich hier in Tschechien, weil meine Mutter als Diplomatin arbeitet, seitdem lerne ich Tschechisch, aber es ist noch nicht so gut. Und wenn ich zur Schule gehe, spreche ich Deutsch und hier lernen wir auch Französisch und Englisch.

Lilli: Also ich habe eine deutsche Mama und ich spreche mit ihr Deutsch, aber mein Papa ist halt Tscheche und mit ihm rede ich Tschechisch und mit meiner Schwester öfters Tschechisch und manchmal lustigerweise Englisch. Ich wurde nur in Deutschland geboren und bin dann sofort hierher gezogen.

LE: Ist es manchmal kompliziert oder schwierig für euch mehrsprachig aufzuwachsen?

Isabella: Es ist am Anfang vielleicht ein bisschen schwierig. Aber meine Mutter hat auch schon tschechische Lieder vorgesungen, Sprüche aufgesagt oder Märchen erzählt. Und deshalb war ich schon ein bisschen vertraut mit Tschechisch, als ich dann hierher gekommen bin. Und eigentlich finde ich das wirklich gut, dass man zweisprachig aufwächst.

Manh: Natürlich am Anfang ist es sehr schwierig, man vermischt die Sprachen miteinander. Meine Muttersprache ist Vietnamesisch, als ich noch klein war, habe ich angefangen Englisch zu lernen und auch noch ziemlich spät danach Deutsch und jetzt hier Tschechisch. Das fällt mir schon etwas schwer.

Lilli: Für mich war es als ich klein war ein bisschen schwer. Aber zwischen meiner Schwester und mir gibt es viele Sätze, die noch heute lustig sind, weil wir den Satz auf Tschechisch anfangen und auf Deutsch beenden. Wir machen noch heute in der Familie Witze damit.

LE: Seht ihr Vorteile in der Mehrsprachigkeit?

Isabella: Man hat einen Vorteil wenn man später andere Sprachen lernt und sich mit anderen Menschen unterhalten kann. Das ist mir natürlich sehr wichtig. Meine Familie ist deutsch und tschechisch und ich konnte mich früher nie mit ihnen allen unterhalten. Aber ich kann mir mittlerweile gar nicht mehr vorstellen nach Deutschland zu ziehen. Ich bin es gewohnt mit meiner Mutter rauszugehen, deutsch reden zu können und niemand oder fast niemand versteht mich. Und wenn ich dann in meiner Heimatstadt bin, dann höre ich jeden deutsch reden und mir kann jeder zuhören und das ist für mich total schrecklich.

Manh: Man kann viele Kulturen kennen lernen und viele Leute verstehen.

Lilli: Ich glaube Deutsch hat mir auf der Grundschule mit Englisch sehr geholfen. Und nach der Schule habe ich ein größere Auswahl an Ländern in denen ich studieren könnte und für das Lernen anderer Sprachen ist es sehr praktisch, weil ich diese Basis in zwei Sprachen habe.

LE: Gibt es eine andere Sprache, die ihr gerne ebenso fließend sprechen würdet wie Deutsch oder Tschechisch?

Isabella: Mittlerweile habe ich ein sehr großes Interesse an Sprachen und möchte eigentlich so viele, wie möglich lernen. Ich möchte definitiv noch Russisch, Japanisch und Spanisch lernen. Das sind meine Ziele bis zum Schulende.

Manh: Eigentlich möchte ich auch noch weitere Sprachen lernen. Vietnamesisch hat ziemlich große Ähnlichkeiten mit Chinesisch und jetzt ist Chinesisch ziemlich beliebt in der Welt. Viele Leute sprechen diese Sprache. Und ich möchte gerne zum Beispiel noch Spanisch lernen.

Lilli: Ich habe zwei Jahre Französisch hier an der Schule gehabt und ich höre jetzt auf, weil ich festgestellt habe, dass es mir nicht so viel Spaß macht. Ich habe darüber nachgedacht, dass ich vielleicht nächstes Jahr mit Spanisch anfangen werde. Ich habe diese Möglichkeit eine weitere Sprache zu lernen und sollte sie auch nutzen.

LE: Deutsch oder Tschechisch, was ist euch lieber?

Isabella: Also für mich mit meiner Familie ist mir sogar Tschechisch ein bisschen lieber. Aber im Großen und Ganzen würde ich sagen Deutsch, weil es doch irgendwie meine Erstsprache ist und ich damit aufgewachsen bin.

Manh: Für mich ist natürlich Deutsch besser, Tschechisch habe ich erst spät angefangen. Und Deutsch ist interessant. Manchmal finde ich, hat es eine schwere Aussprache, aber es macht trotzdem Spaß.

Lilli: Ich empfinde mich mehr als Tschechin. Für mich ist es Tschechisch, weil ich halt überwiegend Tschechisch spreche. Nur mit meiner Mama ist es dann Deutsch, hier auf der Schule auch oder wenn wir nach Deutschland in den Urlaub fahren.


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Auf der Deutschen Schule in Prag, die 1990 gegründet wurde, haben Schüler die Möglichkeit einen tschechischen und deutschen Schulabschluss zu machen. Ab der 10. Klasse werden sie zusammen unterrichtet und auf das Abitur vorbereitet, davor sind sie in einen tschechischen und einen deutschen Zug unterteilt.

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