Unsere Landesbloggerin Helene lebt seit 3 Monaten in Prag. Bis heute ist es für sie ein befremdliches Gefühl, Cola-Dosen oder Wasserflaschen in den Mülleimer statt in den Pfandautomaten zu werfen. Nun hat sie sich nun mit der Frage beschäftigt, warum es in Tschechien kein einheitliches Pfandsystem gibt und ob die Regierung in den kommenden Jahren daran etwas ändern möchte. 

Weltweit fallen jährlich fast 80 Millionen Tonnen Kunststoffverpackungsmüll an. Davon werden aktuell nur circa 10 Prozent der eingesetzten Ressourcen durch Recycling wiedergewonnen – erschreckend wenig. Der Rest wird verbrannt, deponiert oder gelangt unkontrolliert in die Umwelt. Welche gravierenden Auswirkungen das auf die Umwelt hat, zeigt beispielsweise eine kürzlich veröffentlichte Studie der UN. Darin wurde festgestellt, dass derzeit rund 200 Millionen Tonnen Plastik in den Weltmeeren schwimmen. Eine Zahl, die mich schockiert, beachtet man, dass die Studie nur den an der Oberfläche schwimmenden Plastikmüll berücksichtigt. Klar, auch in Tschechien hat sich in den vergangenen Jahren einiges getan in Sachen Umweltschutz. 2022 beispielsweise wurde auf Grundlage einer EU-Bestimmung ein Gesetz verabschiedet, welches die Herstellung und den Verkauf gewisser Einwegplastikprodukte, wie Strohhalme oder Plastikbesteck einschränkt. Doch was nützt so ein Verbot, wenn die Tschechinnen und Tschechen täglich unzählige Plastikflaschen in der gelben Tonne entsorgen? Im Vergleich mit anderen EU-Staaten hat Tschechien dringenden Aufholbedarf. Schaut man sich die Rangliste der 20 Umweltfreundlichsten EU-Länder, welche anhand des „Environmental Performance Index“der Yale Universität bestimmt werden, belegte Tschechien im Jahr 2022 gerade einmal den vorletzten Platz mit einem Wert von 59,9 von 100 möglichen Punkten . Wenn man sich die Plastiklawine, die täglich in die Ozeane fließt, anschaut, ärgert es mich umso mehr, dass es hierzulande kein einheitliches Pfandflaschensystem gibt, scheint mir dessen Einführung doch recht simpel. PET-Flaschen werden bis zu 25-mal wiederbefüllt, Glasflaschen sogar bis zu 50-mal.

Warum gibt es kein einheitliches Pfandsystem? 

Laut dem tschechischen Umweltamt werden hierzulande bereits PET-Flaschen recycelt, jedoch wird nur ein geringer Teil des recycelten Materials für die Herstellung neuer Flaschen verwertet. Die Kunststoffe aus der gelben Tonne werden bislang größtenteils in der Auto- oder Textilindustrie verwendet. Für die Wiederverwertung in der Lebensmittelindustrie gibt es für entsprechende Unternehmen momentan jedoch kaum Zulassungen. Gerechtfertigt wird dies mit der Begründung, das Entsorgungssystem hierzulande sei nicht für die Wiederverwendung von PET-Stoffen geeignet, da in den gelben Tonnen nicht nur PET-Flaschen, sondern auch andere Kunststoffe landen. Diese wären laut Gesundheitsamt gesundheitsschädlich und sollten nicht mit Lebensmitteln in Kontakt geraten.

Auch hierzulande gibt es bereits Flaschen aus recyceltem Material. Verschiedene Supermarktketten bieten eine Art Pfandflaschensystem an. Die Tschechische Supermarktkette Albert beispielsweise verfügt über Flaschenrücknahmeautomaten. Je nach Art der Flasche und des Getränks bekommt man hier bei Rückgabe Geld erstattet. Für eine 0,33 Liter Flasche Kofola erhält der Kunde 3 Tschechische Kronen. Für eine 1 Liter Mattoni- Wasserflasche erhält man 5 Tschechische Kronen. Für eine Kiste Bier gibt es 100 Tschechische Kronen. Im Februar starteten Lidl und Kaufland ebenfalls ein Pilotprojekt für die Rücknahme von PET-Flaschen. Das System der beiden Handelsketten sah vorerst vor, dass die Kunden ihre Flaschen zurückgeben konnten und im Gegenzug Rabattgutscheine für ihre Einkäufe erhielten.

Der Pfandflaschenautomat in einem Lidl in Smirchov. Foto: Helene Schaarschmidt

Jedoch sind noch nicht alle Getränkemarken Teil des Recycle Systems. Im Moment kann man lediglich Flaschen mit der Aufschrift „Zálohovaný obal“ („Pfandverpackung“) abgeben. Laut einer Umfrage des Marktforschungsunternehmens „Ipsos“ befürworten rund 74 Prozent der Tschechinnen und Tschechen die Einführung des Flaschenpfands und 70 Prozent die des Dosenpfands. Vier Kronen gelten laut der Befragten als idealer Pfandbetrag.

Ein Problem gibt es bislang noch: Für die „Recycling- Flaschen” wird der Plastikmüll aus den gelben Tonnen gesammelt und nach Österreich oder Polen gebracht. Dort wird der Müll sortiert, gereinigt und zu RPET(recyceltes PET) verarbeitet. Dieses Material wird dann wiederum nach Tschechien zurück importiert und hier zu PET-Flaschen verarbeitet.

Tschechien auf dem Weg der Besserung  

Tatsächlich plant das tschechische Umweltministerium die Einführung eines Pfandflaschensystems für PET-Flaschen und Getränkedosen. Das Ziel ist es, innerhalb der nächsten fünf Jahre 90 Prozent der Plastikflaschen wieder zu verwerten und in den Kreislauf zurückzuführen.

Der Plan sieht vor, dass in Zukunft alkoholfreie Getränke in Flaschen mit einem Volumen zwischen 0,1 bis drei Litern und alkoholische Getränke, die einen Alkoholgehalt von bis zu 15 Prozent haben, nur noch mit Pfand verkauft werden dürfen. Außerdem werden Händler, die einen Laden mit einer Fläche von mehr als 50 Quadratmetern betreiben, verpflichtet, Rücknahmestellen für Pfandflaschen anzubieten. Bis Ende 2025 sollen so rund 11.000 Leergutautomaten eingeführt werden. Die Einführung eines solchen Systems würde laut Schätzungen des Umweltministeriums jährlich 1,8 Milliarden PET-Flaschen (ca. 47.000 Tonnen Plastik), sowie weitere 800 Millionen Getränkedosen (15.000 Tonnen) wiederverwenden.

Ein Schritt in die richtige Richtung, der sich lohnt. Die Einführung des Systems wird voraussichtlich frühestens Mitte 2025 erfolgen. Das Pfand für die Flaschen und Dosen soll zwischen vier und fünf Kronen betragen.

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