Unsere Landesbloggerin Fanny begab sich auf einen Ausflug nach Kuttenberg (Kutná Hora). Unter anderem stattete sie dem Beinhaus Sedlec einen Besuch ab.

Nach meinen ersten zwei Wochenenden in Prag verspüre ich das Bedürfnis, noch etwas mehr von Tschechien zu sehen, da ich bis jetzt nur Prag kenne. Meine Mitbewohnerin und ich beschließen also, einen Tagesausflug in eine andere Stadt zu machen. Unsere Wahl fällt auf Kuttenberg. Die vergleichsweise kleine Stadt liegt ca. 70 Kilometer östlich von Prag und ist bekannt für ihre Sehenswürdigkeiten wie das Beinhaus Sedlec oder den Dom der Heiligen Barbara.

Es ist 9 Uhr morgens, als wir uns an einem regnerischen Sonntag auf den Weg zur Tram machen. Vom Prager Hauptbahnhof fahren wir dann etwas länger als eine Stunde und schon sind wir in Kuttenberg. Etwas orientierungslos folgen wir einer breiten Menschenmasse, die offenbar auch vom Bahnhof, welcher etwas außerhalb liegt, ins Zentrum gelangen möchte.

Beinhaus Sedlec

Auf dem Weg ins Stadtzentrum kommen wir bei unserem ersten Ziel, dem Beinhaus Sedlec (Kostnice Sedlec), vorbei. Mit 400.000 jährlichen Besuchern zählt es zu den meistbesuchten Sehenswürdigkeiten der mittelböhmischen Region.

Zuvor müssen wir uns in einer Schlange für ein Ticket anstellen. Mich wundert es, dass so viele Menschen an diesem Sonntagmorgen die Idee haben, das Ossarium zu besichtigen. Schon im Ticketshop erhalten wir einen kleinen Vorgeschmack dessen, was uns noch bevorsteht. Abgesehen von den Tickets kann man dort bedruckte T-Shirts mit Skeletten in allen Größen und Farben kaufen. Danach laufen wir noch ein paar Meter und gelangen auf den Sedletzer Friedhof, auf dem sich im Untergeschoss der Allerheiligenkapelle (Hřbitovní kostel Všech svatých) das Ossarium befindet. Am Eingang wird uns noch erklärt, dass wir keine Fotos machen dürfen.

Als ich die Stufen hinuntergehe, kann ich von oben schon fast den kompletten düsteren Raum erblicken. Ich sehe direkt, dass der ganze Raum aus menschlichen Skeletten besteht. Die ganze Wand ist mit Knochen verziert und selbst der Kronleuchter an der Decke besteht aus Skeletten. Hinter abgesperrten Glaswänden befinden sich ganze Knochenberge, die ich ziemlich angsteinflößend finde. Wie ich später auf Wikipedia nachlese, sind laut dem tschechischen Archäologen Filip Velímský, 99 Prozent der Knochen wirklich menschlich und nur ein Prozent besteht aus Holz.

Das Heilige Feld

Das Wappen der Familie Schwarzenberg. Foto: Wikimedia Commons/ word_virus, Kostnice03, CC BY 2.0

Das Wappen der Familie Schwarzenberg. Foto: Wikimedia Commons/ word_virus, Kostnice03, CC BY 2.0

Am Eingangsbereich nehme ich mir einen Flyer, der in vielen verschiedenen Sprachen angeboten wird. Auf dem Flyer wird die Geschichte des Friedhofs zusammengefasst:

Der Legende nach entwickelte sich der Friedhof zum „Heiligen Feld“, da 1278 der Abt Heidenreich Erde aus Jerusalem mitbrachte und sie auf dem Friedhof verteilte. Der Friedhof wurde zu einem begehrten Bestattungsort in Mitteleuropa. Zwischen dem 14. und dem 15. Jahrhundert musste der Friedhof aufgrund der Pestepidemie und der Hussitenkriege ständig erweitert werden. Im frühen 15. Jahrhundert errichtete man im Zentrum des Friedhofs ein zweigeschossiges Kirchengebäude. In der unteren Kapelle der Kirche wurden ausgegrabene Skelettreste von etwa 60.000 Toten deponiert und bereits im 16. Jahrhundert dekorativ niedergelegt. Im 18. Jahrhundert wurde das gesamte Gelände von Sedlec rekonstruiert. Das Obergeschoss der Kirche und der Eingangsbereich baute Johann Blasius Santini-Aichl im Spätbarockstil um. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts gelangte die Kirche in den Besitz der Familie Schwarzenberg, die 1870 den Holzschnitzer František Rint mit der Innenausstattung des Ossariums beauftragte. Die Innenausstattung bestand jedoch nicht wie normalerweise aus Holz, sondern aus den eingelagerten Knochen. Im Ossarium selbst findet man auch ein großes Wappen der Familie Schwarzenberg.

2014 wurde das Denkmal einer umfassenden Rekonstruktion unterzogen, finanziert von der römisch-katholischen Gemeinde Kuttenberg. Mit dem Kauf der Eintrittskarten unterstützten die Besucher das Erneuerungsprojekt des Denkmals.

Der Dom der Heiligen Barbara

Der Dom der Heiligen Barbara. Foto: Wikimedia Commons/ Thomas Ledl, Church of Saint Barbara, North Facade, Kurna Hora, CC BY-SA 4.0

Der Dom der Heiligen Barbara. Foto: Wikimedia Commons/ Thomas Ledl, Church of Saint Barbara, North Facade, Kurna Hora, CC BY-SA 4.0

Nachdem wir etwas gegessen haben und über einen kleinen – zu der Zeit noch geöffneten -Weihnachtsmarkt geschlendert sind, machen wir uns auf den Weg zu unserem nächsten Ziel: Dem Dom der Heiligen Barbara (Chrám svaté Barbory). Er befindet sich auf der Weltkulturerbe-Liste der UNESCO und gilt als einer der außergewöhnlichsten Kirchbauten in Mitteleuropa. Schon gegen Ende des 14. Jahrhunderts begannen die Bauarbeiten, die jedoch aufgrund von Krieg und Geldmangel lange Zeit unterbrochen werden mussten. Zu Ende gebaut wurde der Dom erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts.

Bereits von Weitem wirkt der Dom riesig und gefällt mir besonders aufgrund seiner herausstechenden Architektur. Ringsherum befinden sich viele kleine Grünflächen mit Bänken, auf denen die Menschen in der Mittagssonne ihren Kaffee genießen. 

Leider müssen wir jetzt schon wieder zurück, damit wir unseren Zug nicht verpassen. Deshalb gehen wir nur noch einen kleinen Rundweg um den Dom herum. Von dort hat man einen beeindruckenden Ausblick über die Stadt. Nach diesem schönen, aber auch anstrengenden Tag bin ich gegen 20 Uhr wieder in Prag und hoffe, dass ich trotz der vielen Skelette heute Nacht beruhigt schlafen kann.


Hallo an alle Leserinnen und Leser,

Fanny Messer

mein Name ist Fanny Messer, ich bin 18 Jahre alt und komme aus Köln. Nach meinem Abitur wollte ich unbedingt ins Ausland und so bin ich online auf das Praktikum hier gestoßen. Für den Journalismus interessiere ich mich schon länger und deshalb freue ich mich schon auf diese neue Erfahrung hier beim LandesEcho. In die schöne Hauptstadt Tschechiens zu reisen, war immer ein kleiner Traum von mir und ich kann jetzt schon bestätigen, dass es sich lohnt, nach Prag zu reisen. Bis Ende Januar darf ich die Zeitschrift bei ihrer redaktionellen Arbeit begleiten und so auch die deutsche Minderheit besser kennenlernen. Wenn ich zurück nach Deutschland komme, werde ich weiter in der Gastronomie arbeiten und im Wintersemester im nächsten Jahr möchte ich gerne anfangen zu studieren. Was genau, weiß ich noch nicht, doch ich bin mir sicher, dass die Erfahrung aus dem Praktikum in jedem Fall nützlich für meinen Weg sein wird!

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