Zur Präsentation wurde das Modell am historischen Standort des Hotels Kaiserhof aufgestellt. Jetzt befindet es sich im Klostergelände. Foto: Petr Bíma

Das Hotel Kaiserhof, später Perun, brachte Weltflair nach Haindorf im Isergebirge. Vor zehn Jahren wurde es abgerissen. Nun baute es ein Zittauer Bastler als Modell nach.

Man schrieb das Jahr 1899, als sich der Kaufmann und Drechsler Josef Franz Scholz dazu entschloss, die Gaststätte „Zum österreichischen Kaiser“ mit der Hausnummer 85 in der heutigen Klášterní ulice (Klosterstraße) von Haindorf (Hejnice) zu kaufen und abzureißen. Der strategisch günstige Ort in der Nähe des Wallfahrtsgeländes brachte ihn auf den Gedanken, hier ein neues Hotel zu bauen. Mit dem Bauprojekt beauftragte er die Friedländer Projekt- und Baufirma Appelt&Hampel, die vorschlug, einen großartigen Bau im Geiste des sogenannten Heimatstils zu realisieren. Das heißt mit einer aus den örtlichen Traditionen schöpfenden Architektur, die Elemente des Fachwerkbaus verwendete. Für den Bau des neuen Hotels wurden 250 000 österreichische Kronen berechnet. Schon zu Weihnachten 1900 eröffnete Josef Franz Scholz das Hotel unter dem Namen Klosterhof.

Vom Klosterhof zum Kaiserhof

Das geräumige Objekt, das zwischen der Hauptstraße und dem Wittigufer stand, war nicht nur ein Berghotel mit eleganter Stuckfassade und glasierten Dachziegeln. Neben den damals modern ausgestatteten Zimmern und einer Jugendherberge gab es ein Restaurant mit Terrasse, sowie einen kleinen und einen großen Saal, der Platz für bis zu 2000 Gäste bot. Der repräsentative Bau mit einem Erker zur Straße hin, besaß im südlichen Teil außerdem einen 25 Meter hohen Aussichtsturm, von dem aus man die Barockkirche mit dem Kloster und den Bergen im Hintergrund bewundern konnte.

Noch vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges (1914-1918) wurde das Hotel in Kaiserhof umbenannt und an der vorderen Fassade erschienen große Bilder mit Portraits des österreichischen Kaisers Franz Josef I. und des deutschen Kaisers Wilhelm II. Zu diesem Zeitpunkt reichten der Name und Ruf des Hotels bereits bedeutend über die Grenzen der hiesigen Region hinaus, wodurch es zu einem wichtigen und nicht wegzudenkenden Teil des damaligen reichen sozialen und kulturellen Lebens wurde. Im Jahr 1902 trat hier sogar Johann Strauss III (Enkel) auf. Der erste Haindorfer Bürgermeister und Regierungsrat Gustav Effenberger hob im Antrag auf Verleihung der Stadtrechte die Bedeutung des Hotels hervor. Während des Ersten Weltkrieges wurde der Kaiserhof in ein Militärlazarett umgewandelt.

Kino, Amateurtheater und politische Treffen

Kurz nach der Gründung der Tschechoslowakei wurde das Objekt, in Folge des Gesetzes zum Schutz der Republik, in Hotel Scholz umbenannt, da die junge Republik darauf bestand, alles auszurotten, was auch nur im Geringsten an die alte Ordnung erinnerte. Im Jahre 1921 wurde ein öffentliches Kino eingerichtet und das Hotel erfreute sich auch großer Beliebtheit bei häufigen politischen Treffen. Im Jahre 1923, nach dem Tod von J. F. Scholz, wurde das Objekt von Josef Möller gekauft und nach diesem benannt. Während des Zweiten Weltkrieges wurde das Hotel auch als Notunterkunft für ausgebombte Familien aus Deutschlands Industriezentren genutzt.

Haindorf Hotel Kaiserhof Modell Bernd Sonsalla web

Das Modell im Maßstab 1:50 fertigte der Architekturmodellbauer Bernd Sonsalla aus Zittau nach Plänen des Architekten Josef Chybík und historischen Fotografien. Die Herstellung des Modells nahm mehr als 6 Monate in Anspruch. Foto: Petr Bíma

Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Hotel verstaatlicht und erneut umbenannt. Der neue Name Praha (Prag) klang nicht unbedingt originell. Zu der Zeit erwachte das in nicht sonderlich gutem Zustand befindliche Objekt wieder zu neuem Leben. Auch zahlreiche von Gewerkschaften organisierte Erholungsaufenthalte und Amateurtheatervorstellungen fanden im Hotel statt, die im Grunde an die deutsche Tradition anknüpften. Den Namen Praha trug das renovierungsbedürftige Hotel allerdings nicht lange. Es wurde wieder umbenannt. Einheimischen und Besucher kannten es schon zu der Zeit, als über seine Instandsetzung entschieden wurde, nur noch als Hotel Perun. Die Baumaßnahmen zu Beginn der 60er Jahre des 20. Jahrhunderts brachten dem Hotel zwar die nötige Modernisierung, griffen aber grob in die Fassade, das Dach und die Innenräume ein. So verschwanden der Stuck der Fassade, der Erker und der Aussichtsturm endgültig und die glasierten Dachziegel wurden durch Blechschablonen ersetzt. Im großen Saal wurde der hölzerne Balkon abmontiert. Trotzdem blieb das Hotel Zeuge vieler kultureller und gesellschaftlicher Ereignisse und politischer Treffen.

Das Ende nobler Pläne

Die ökonomischen und gesellschaftlichen Veränderungen nach der Samtenen Revolution im Jahre 1989 brachten große Erwartungen mit sich. Das Hotel Perun wurde von der Haindorfer Selbstverwaltung während der Privatisierung zum Kauf angeboten. Es gab mehrere Interessenten, unter anderem auch den ehemaligen bayrischen Innenminister, dem ein Hotel im bedeutenden Wallfahrtsort Altötting gehörte und der in Haindorf seine Wurzeln hatte. Letztendlich kaufte Květoslava Brennerová das Hotel zu Beginn der 1990er Jahre für 3 Millionen Kronen. Ihre Absicht war es, das Objekt zu seiner ursprünglichen Schönheit zurückzuführen. Den Plan, der auch als Grundlage für das hier ausgestellte Modell diente, bearbeitete der Architekt Josef Chybík. Die Bauarbeiten bedeuteten in Folge nicht fachgemäßer Leitung allerdings einen Eingriff in die Statik des südlichen Teils, sodass dieser im Mai 1997 einstürzte. Von dem noblen Plan wurde letztendlich auch aufgrund fehlender finanzieller Mittel nichts realisiert. Ein neuer Besitzer erwarb das Hotel zehn Jahre später. Er ließ es im April 2010 abreißen. Zu Beginn des Jahres 2015 kaufte die Stadt Haindorf das Grundstück des abgerissenen Hotels.


 Das Modell kann in der Galerie des Klosters Haindorf täglich von 9-18 Uhr besichtigt werden.

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