Online-Seminar "Interkulturelle Projektarbeit digital". Foto: Rosa Marie Wesle

Grenzübergreifende Projekte weiter zu fördern – trotz der Covid-19-Pandemie – das möchte auch die Deutsche Bildungsgesellschaft im polnischen Oppeln (Opole). Am 28. und 30. Juli sowie 3. August veranstaltete sie ein Online-Seminar zum Thema „Digitale interkulturelle Projektarbeit“.

Zusammen kamen dafür elf Personen aus der Tschechischen Republik, Polen und Deutschland, die im Kontext der deutschen Minderheiten und Deutsch als Fremd- oder Minderheitensprache arbeiten. Getroffen haben sich die Teilnehmenden dabei auf der Online-Plattform „Zoom“. Dort gelang es, dank der eingesetzten interaktiven Online-Tools zur Workshopgestaltung, wie dem digitalen Whiteboard „Jamboard“ oder der digitalen Pinnwand „Padlet“, trotz des Online-Formats eine Workshop-Atmosphäre entstehen zu lassen.

Doch was ist interkulturelle Kompetenz und warum ist sie so wichtig für grenzübergreifende Projekte? „Interkulturelle Kompetenz beschreibt die Fähigkeit, konfliktlos mit Menschen aus anderen Kulturen umzugehen. Dabei ermöglichen es emotionale Kompetenz und interkulturelle Sensibilität, die Wahrnehmung, das Denken, Fühlen und Handeln von anderen Personen im eigenen Handeln zu berücksichtigen“, so der Interkulturelle Trainer und Leiter des Seminars, Dr. Erik Malchow. In interkulturellen Konfliktsituationen, die zum Beispiel durch Missverständnisse entstehen können, besonnen zu agieren, ist hier essenziell. Sei es zum Beispiel, weil die Projektpartner ganz unterschiedliche Vorstellungen davon haben, was eine frühzeitige Planung ist – 6 Monate oder 6 Wochen vor dem Projektstart – oder wenn mit der Pünktlichkeit bei Skype-Meetings nicht einheitlich umgegangen wird. 

Die Teilnehmenden des Online-Seminar. Der Interkulturelle Trainer Dr. Erik Malchow (links oben) und Rosa Marie Wesle (oben mittig) führten durch das Seminar. Foto: Rosa Marie Wesle

Die Teilnehmenden des Online-Seminar. Der Interkulturelle Trainer Dr. Erik Malchow (links oben) und Rosa Marie Wesle (oben mittig) führten durch das Seminar. Foto: Rosa Marie Wesle

In drei Seminaren zu digitaler interkultureller Projektarbeit

Um sich dem Thema der digitalen interkulturellen Projektarbeit zu nähern, startete der erste Seminar-Termin mit einer historischen Perspektive auf die Region, aus welcher die Teilnehmenden stammen bzw. arbeiten. Auf einer animierten Weltkarte konnten die Teilnehmenden sehen, wie sich die Grenzen von Deutschland, Polen und der Tschechischen Republik über die Jahrhunderte verschoben. „Wenn man zurückblickt, wird deutlich, dass Grenzen, so wie sie heute sind, nicht immer existierten und nationale sowie kulturelle Grenzen nicht so statisch sind, wie oftmals angenommen wird“, betonte Dr. Malchow während des Seminars. Die Teilnehmenden setzten sich außerdem mit Theorien der Interkulturellen Kommunikation, wie z.B. dem Vier-Ohren-Modell und verschiedenen Definitionen von „Kultur“ auseinander. Auch die Frage, wie Vorurteile vermieden werden können sowie das Bewerten von anderen Personen nach den eigenen kulturellen Standards, auch „Othering“ genannt, diskutierten die Teilnehmenden unter der Leitung des Interkulturellen Trainers.

Beim zweiten Termin ging es vor allem um Sprache: die Entstehung von unterschiedlichen Sprachen, wie Sprache unsere Wahrnehmung formt und Sprache als potenzielles Mittel zur Verständigung mit anderen aber auch zur Abgrenzung von anderen. Danach tauschten sich die Teilnehmenden über ihre bisherigen Erfahrungen und Schwierigkeiten im Rahmen von interkultureller Projektarbeit aus. Schließlich wurden interkulturelle Konfliktsituationen besprochen und gemeinsame Lösungsmöglichkeiten für diese erarbeitetet.

Beim dritten Termin des Online-Seminars lag der Fokus neben den Vor- und Nachteilen der digitalen Projektarbeit auch auf einem Erfahrungsaustausch zwischen den Teilnehmenden bezüglich ihrer bisherigen digitalen Projekte über Grenzen hinweg. Als Vorteile wurden zum Beispiel genannt, dass es vorab weniger Organisationsaufwand gibt und keine Unterkunfts- sowie Reisekosten entstehen. Außerdem, dass die Projektteilnehmer bequem von zuhause aus dabei sein können. Nachteile sind natürlich, dass der persönliche Kontakt und Austausch mit den anderen Teilnehmenden verringert wird, dass alles von der Technik abhängt und damit Internetprobleme eine echte Gefahr darstellen. Zudem wurden im dritten und letzten Teil des Online-Seminars neben vor allem verschiedene Online-Tools vorgestellt, welche zur erfolgreichen Projektarbeit beitragen – sei es zum Zeit- und Projektmanagement, zur Kommunikation vorab oder auch Online-Methoden-Koffer zur Seminargestaltung.

Ideen- und Kontaktbörse im Oktober

Für den 21-jährigen Damian Kleszcz, der sich bei dem Bund Jugend der Deutschen Minderheit (BJDM) in Polen engagiert, war neben der Auseinandersetzung mit verschiedenen Theorien der interkulturellen Kommunikation besonders der Kontakt zu den anderen Teilnehmenden im Seminar interessant: „Es war spannend, mich mit den anderen Teilnehmern über interkulturelle Konfliktsituationen auszutauschen und gemeinsame Lösungen zu erarbeiten. Außerdem zu hören, was die anderen in den letzten Monaten bereits alles an digitalen Projekten auf die Beine gestellt haben und was sie noch planen.“

Um die Entstehung von weiteren digitalen, grenzübergreifenden Projekten zwischen den Teilenehmenden des Online-Seminars und anderen Interessierten weiter zu fördern, plant die Deutsche Bildungsgesellschaft bereits für Oktober 2020 eine Online-Ideen- und Kontaktbörse als Anschlussveranstaltung.

Die Autorin ist ifa-Kulturmanagerin bei der Deutschen Bildungsgesellschaft in Oppeln

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