Bild: Logo Radiožurnál hinter Gittern

Man weiß nicht, ob man weinen oder lachen soll. Der Rundfunkrat des öffentlich-rechtlichen Tschechischen Radios hat auf die zahlreichen Beschwerden von Hörern reagiert und ist zu dem Schluss gekommen, dass für die vulgären Aussagen von Präsident Miloš Zeman im jüngsten „Gespräch aus Lány“ der Sender Radiožurnál verantwortlich war. Die Ausstrahlung von Zemans Äußerungen hätte das Gesetz und den Kodex des Rundfunks verletzt.

 

 

Eigentlich hätte nur noch gefehlt, dass das Radiožurnál eine fette Strafe zahlen muss und der Moderator des Gesprächs, Chefredakteur Jan Pokorný, soziale Stunden oder Schlimmeres abzuleisten hat. Albernheit kennt offenbar keine Grenzen.

Was, bitte, hätte Pokorný tun sollen, als der Präsident anfing, sich unterster Gossensprache zu bedienen? Das Gespräch, das direkt übertragen wurde, sofort abbrechen? Aber Hallo: der Gesprächspartner war kein Geringerer als der erste Mann im Staate. Dem schneidet man gewöhnlich nicht einfach so das Wort ab. Erstens.

Zweitens: Selbst wenn das Gespräch sofort abgebrochen worden wäre: irgendeine verbale Sauerei hätte Zeman in jedem Fall erst einmal sagen müssen, ehe diese Entscheidung hätte gefällt werden können. Und diese verbale Sauerei wäre damit mit Sicherheit auch gesendet worden. Und hätte der Logik nach damit auch den Kodex des Radios verletzt.

Drittens: kein Mensch konnte ernsthaft damit rechnen, dass sich der Präsident lustvoll wie gezielt dazu hinreißen lässt, seine Residenz in Lány in eine mährische Kneipe der untersten Preisklasse zu verwandeln.

Der Radio-Chef hat vor dem Rundfunkrat versprochen, dass man künftig rasant vorgehen werde, falls so etwas wieder passieren sollte. Wie, bitte, will er das garantieren? Steht jetzt bei jedem künftigen Interview immer jemand mit einer Keule hinter dem Präsidenten und haut sie ihm über den Kopf, wenn man erahnen könnte, dass Zeman gleich mal wieder ausrasten wird? Da werden wohl Zemans Leibwächter etwas dagegen haben. Maximal wäre es möglich, dass immer ein hochrangiger Radiomensch den Finger ständig auf dem „roten Knopf“ hat, um den beim kleinsten Verdacht zu drücken. Aber ehrlich mal, wo leben wir denn? 

Die einzige Möglichkeit, eine Wiederholung des peinlichen Auftritts von Zeman zu verhindern, wäre, Gespräche mit ihm nicht mehr live zu senden, sondern vorher aufzuzeichnen und dann im Studio zu bearbeiten – sprich: womögliche verbale Entgleisungen aus dem Gespräch zu schneiden. Doch welche Grundhaltung würde damit dem Präsidenten entgegen gebracht werden? Tiefstes Misstrauen. Nochmal: Wir sprechen hier vom Staatsoberhaupt, dem man die Vertrauenswürdigkeit abspräche, sich anständig in einem Live-Gespräch zu äußern.

Das Ganze ist nur noch eine einzige Peinlichkeit. Peinlich war der Auftritt Zemans. Aber ebenso peinlich sind die „Konsequenzen“, die man in der Prager Weinbergstraße, im Sitz des Radios, ziehen will.

Nebenbei bemerkt: Zeman, der das ganze Problem verursacht hat, lacht sich tot. Ihn gehe das alles nichts an, ließ er verkünden. Das ist der Gipfel der ganzen Peinlichkeit.

 

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