Jeden Samstag zeigen wir Ihnen einen Beitrag aus unserem Archiv, den unsere Leserinnen und Leser besonders spannend fanden. Es geht weiter mit einem Artikel über die deutsch-tschechischen Beziehungen in Zahlen, wobei die Liebe eine besondere Rolle spielt.

In den Nachbarländern Deutschland und Tschechien werden, prozentual gesehen, gleich viele Ehen geschlossen: Auf 1000 Einwohner kommen rund fünf Hochzeiten pro Jahr. 2016 gaben sich auch 720 deutsch-tschechische Paare das Ja-Wort. Die Liebe zwischen den beiden Nachbarstaaten ist also groß (siehe auch LE-Beitrag „Grenzenlose Liebe“ von 2016)! 

Das ergab die Studie „Česko-německé vztahy v číslech“ (Deutsch-tschechische Beziehungen in Zahlen), herausgegeben von Zuzana Lizcová (Asociace pro mezinárodní otázky/Assoziation für internationale Angelegenheiten in Prag) und Hana Ryzda (Humboldt-Universität Berlin). Vorgestellt wurde sie am 5. März in der tschechischen Hauptstadt in einem Gespräch mit Volker Weichsel von der Zeitschrift Osteuropa und der Journalistin Alexandra Mostýn (einst auch LE-Chefredakteurin).

Liebe kennt Grenzen

Der Tenor der Studie: Die Beziehungen zwischen Deutschland und Tschechien entwickeln sich seit mehreren Jahren beachtlich positiv. An manchen Stellen bestehe noch Potential zur Verbesserung, an anderen könne man sich sehr interessanter Entwicklungen erfreuen.

Aber zurück zur Liebe: Bemerkenswert ist nämlich, dass es sich bei 86 Prozent jener 720 deutsch-tschechischen Eheschließungen um Hochzeiten eines deutschen Mannes mit einer tschechischen Frau handelt.

„Das muss an den tschechischen Männern liegen“, meldet sich ein älterer Mann aus dem Publikum. Volker Weichsel widerspricht ihm: „Dass sich Westeuropäer nach Frauen aus östlicheren Ländern umschauen, ist ein allgemeines Phänomen und keineswegs spezifisch für Deutsche und Tschechinnen.“ Den Grund dafür kennt keiner. 

Die Studie soll derweil auch nur Ausgangspunkt für weitere Studien und Untersuchungen sein, die dann vielleicht Antworten auf derartige Fragen geben könnten. Zu vielen Themen fehlen selbst noch konkrete Daten. „Wir konnten zum Beispiel keine Statistik zur Anzahl der Sprecher der tschechischen Sprache in Deutschland finden“, bedauert Zuzana Lizcová.

Dreimal Zweifeln

Eine interessante Studie gibt es aber zum Verhältnis der tschechischen Bürger zu Deutschland. Der Graph zeigt drei deutliche Einschnitte. Weichsel verbindet den ersten Knick nahe dem Jahr 1995 mit der damals noch bevorstehenden Unterzeichnung der Deutsch-Tschechischen Erklärung (1997). Die Menschen seien unsicher gewesen und wussten nicht, was sie erwartete, so Weichsel. In Tschechien befürchtete man Rückforderungen seitens der Sudetendeutschen. 

Beim zweiten Einschnitt um das Jahr 2002 handele es sich wohl um Bedenken bezüglich der Rolle des benachbarten Deutschlands in der Europäischen Union, welcher die Tschechische Republik bald beitreten sollte. 

Der dritte Knick liegt etwa bei 2015: „Die Bürger Tschechiens hatten wohl erneut das Gefühl ‚o nás, bez nás‘, also ohne uns über uns, wie damals, als das Münchner Abkommen ohne ihre Anwesenheit verabschiedet wurde. Deutschland schien über die Zusammensetzung der europäischen Gesellschaft zu entscheiden“, so Weichsel. Nun ist auch dieses Thema weitgehend aus den Medien verschwunden und die Beliebtheit Deutschlands in Tschechien steigt wieder.

Mehr Sprache, mehr Liebe?

Vorschläge für eine weiterhin positive Entwicklung der deutsch-tschechischen Beziehungen haben die Teilnehmenden der Podiumsdiskussion auch: So sollte der Erwerb der Nachbarsprache unterstützt und auch beispielsweise auch in die Ausbildung von Medienschaffenden integriert werden. Nur wenn diese fähig seien, eigenständig Recherche zu betreiben, können sie ein richtiges Bild des Nachbarstaates übertragen. Dann könnte es Deutschland vielleicht auch noch unter die beliebtesten Länder in Tschechien schaffen! Bisher sind die nämlich weit weg: Schweden, Kanada und Australien.

Die Broschüre „Česko-německé vztahy v číslech“ (Deutsch-tschechische Beziehungen in Zahlen) mit vielen bunten Diagrammen und interessanten Vergleichen in den Bereichen Bevölkerung, Arbeitsmarkt, Handel, Ökologie, Energie, Tourismus, Verkehr, Forschung und Wissenschaft, Fremdsprachen, Kultur, Nachbarschaft und Konvergenz kann man bei der AMO anfordern. Bald soll sie auch auf Deutsch erscheinen. Online ist sie hier zu finden!

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