Foto: Rosa IS-2 in Lešany - Bild: LE7tra

Als die Tschechoslowakei 1989 die Herrschaft der Kommunistischen Partei abschüttelte, waren auch die Symbole der „ewigen Freundschaft“ mit der Sowjetunion plötzlich ihrer Unantastbarkeit enthoben. Unter ihnen war auch jener Panzer IS-2m, wobei das IS für Iosif Stalin steht, der seit 1945 auf einem fünf Meter hohen Sockel in Prag an die Befreiung der Stadt durch die Rote Armee erinnern sollte. Zwar hatten die sowjetischen Truppen Prag am 9. Mai 1945 in ganz anderen Panzern erreicht, nämlich in den fast schon legendären T-34, als Denkmal wollte man den Pragern aber etwas Moderneres präsentieren.

 

 

 

So enthüllte Marschall Iwan Stepanowitsch Konew höchstselbst den nun zum „Panzer Nr. 23“ umgetauften IS-2 am 29. Juli 1945. Der lange Lauf zeigte nach Westen. Elf Jahre später, nachdem sich Ungarn gewaltsam erhoben hatte und der Aufstand blutig niedergeschlagen worden war, entfernte man vorsichtshalber den Motor aus dem Panzer Nr. 23, wie auch aus allen weiteren so ausgestellten Panzern in der Tschechoslowakei.

Als die Staaten des Warschauer Paktes 1968 den Prager Frühling niederschlugen, bekam der Panzer eine neue Bedeutung. Von einem Denkmal der Befreiung wurde er über Nacht zu einem Symbol der Besetzung. In dunkelgrünem Tarnanstrich erinnerte er die Bürger Prags fortan daran, dass die Sowjetunion auf Widerspruch auch mit Waffengewalt zu reagieren vermochte.

Als die Sowjetunion diese Strategie 1989 ablegte, begann in der damaligen Tschechoslowakei auch die Diskussion über den Umgang mit solchen Denkmälern. Historiker wie Pavel Bělina argumentierten, dass es keinen historischen oder moralischen Grund gebe, den falschen Panzer Nr. 23 weiterhin auf seinem Sockel zu lassen. In einer Nacht im späten April 1991 ergriffen einige Kunststudenten, unter denen auch der heute bekannte Künstler David Černý war, die Initiative und lackierten den Panzer kurzerhand um. Am Morgen staunten die Anwohner nicht schlecht, als das grüne Ungetüm plötzlich rosa war und noch dazu eine Hand mit ausgestrecktem Mittelfinger aufwies.

Moskau not amused

Das verschärfte die Diskussion und rief scharfe Reaktionen der sowjetischen Botschaft hervor. Černý wurde wegen Belästigung der Allgemeinheit verhaftet und der Panzer bekam drei Tage später wieder seine ursprüngliche Farbe. Das wiederum rief 15 Mitglieder des Parlaments auf den Plan, die ihre Immunität nutzten und im Mai den Panzer wieder rosa strichen. Nach weiteren Diskussionen durfte Černý die Haft verlassen und der Panzer verlor seinen Status als Nationaldenkmal, behielt dafür den rosa Anstrich. Er wurde im Juni von seinem Sockel gehoben und in das Militärmuseum in Kbely gebracht. Der Sockel selbst wurde abgetragen. Als 1999 das neue Militärmuseum in Lešany, etwa 45 Kilometer südöstlich von Prag, eröffnet wurde, bekam der IS-2 dort einen neuen Standort.

Mittlerweile musste sein rosa Anstrich erneuert werden, weil die diversen Lagen Farbe langsam zu bröckeln begannen. Appelle der Kommunistischen Partei in Tschechien und der Panzerbrigade aus Orenburg an der Wolga, die den Panzer als Denkmal für ihre Gefallenen betrachtet, das Gefährt wieder grün zu lackieren, blieben ungehört. Auch der Versuch, ihm wieder in Prag einen Platz zuzuweisen, war nicht erfolgreich. Nur einmal besuchte der rosa IS-2 noch Prag. 2011 wurde er im Rahmen des 20. Jahrestages des Abzugs der Roten Armee aus der Tschechoslowakei auf einem Ponton auf der Moldau ausgestellt, inklusive des erhobenen Mittelfingers, der dafür extra neu angefertigt werden musste.

Danach ging es aber wieder zurück in das Museumsareal bei Lešany, wo der rosa Panzer heute die Besucher schon am Eingang begrüßt und zwischen all dem Militärmaterial von historischen Panzerzügen, über Schützengrabengrabfahrzeuge bis zu modernen Drohnen ein erstaunlich beruhigender Anblick ist, obwohl sein Kanonenlauf jetzt nach Osten zeigt.

 

{flike}

 

Werden Sie noch heute LandesECHO-Leser.

Mit einem Abo des LandesECHO sind Sie immer auf dem Laufenden, was sich in den deutsch-tschechischen Beziehungen tut - in Politik, Gesellschaft, Wirtschaft oder Kultur. Sie unterstützen eine unabhängige, nichtkommerzielle und meinungsfreudige Zeitschrift. Außerdem erfahren Sie mehr über die deutsche Minderheit, ihre Geschichte und ihr Leben in der Tschechischen Republik. Für weitere Informationen klicken Sie hier.