José und seine Hühner - Foto: privat

Gemeinschaftsgärten sind in Tschechien noch wenig verbreitet. In Pilsen sind Enthusiasten mit großem Engagement und vielen Ideen bei der Sache.

Wenn José aus seinem Königreich kommt, dann werden alle anderen still. José ist der Herrscher im Garten. Sein schwarz-weißes Gefieder und sein roter Bart sind von weit her zu sehen und sein stolzer Gang ist beeindruckend.

José ist der Hahn im „Recyklovaná zahrada“, einem Gemeinschaftsgarten in Pilsen (Plzeň). Heute haben sich dort einige der Gärtner im Garten eingefunden, mit ihnen ein paar Freunde und andere Interessierte. Denn es wird fleißig gebastelt und getüftelt: Petr Lejčko, der Initiator und Inhaber des Gartens, hat zum Bauen von Insektenhotels eingeladen.

Die Teilnehmer des Workshops können sich ihr eigenes Insektenhotel bauen und dann für Balkon und Garten mit nach Hause nehmen. Petr und sein Team stellen Materialien, Werkzeug und Know-How bereit. „In Tschechien ist das Thema Ökologie und Insektenschutz nicht besonders verbreitet, ganz anders als in Deutschland“, meint Petr. „In der tschechischen Politik gibt es kaum Unterstützung für Umweltschutz.“ Er selbst interessiert sich schon lange für die Themen Biologie, Natur und Ökologie und versucht seine Leidenschaft in diesem Garten umzusetzen.

Vor drei Jahren konnte Petr Lejčko durch Zufall diesen Garten von einem Freund mieten, mitten in einer Schrebergartenkolonie in Pilsen. Der Garten war damals vernachlässigt, er war voller Müll und alten Geräten und es wartete viel Arbeit auf Petr und seine Freunde. Zusammen räumten sie auf, mähten Gras, schnitten die wilden Büsche und Bäume. Daher kommt auch der Name Recyklovaná zahrada (Recycleter Garten), denn es wurde versucht, alles sinnvoll zu verwerten und neu aufzubauen.

Wie baue ich ein Insektenhotel? - Foto: privatIm zweiten Jahr bauten die Freunde zum ersten Mal Gemüse an, mit großem Ernteerfolg. „Wir konnten trotz des heißen und trockenen Sommers eine gute Ernte einholen, wir haben alles gemeinsam geteilt.“, berichtet Petr. Auch dieses Jahr arbeiten die Gemeinschaftsgärtner fleißig: Jeder hat sein eigenes Gemüsebeet und betreut es liebevoll von März bis Oktober. Es gibt immer etwas zu tun und die wiederholte Trockenheit erfordert ständiges Gießen. Nebenbei werden die Hühner und José sowie Kater Tom versorgt, die den Garten unter sich aufteilen. „Die Hühner haben wir vor einem halben Jahr über eine tschechische Internetseite gekauft, den Hahn von einem bekannten Züchter hier aus der Region ergattert. Er ist ein toller Hahn, sehr aufmerksam und überhaupt nicht böse.“ Petr ist stolz auf José, der seinen Harem mehr oder weniger im Griff hat.

Petr bemüht sich, den Garten nach dem Prinzip der Permakultur zu betreiben und auch den Tieren einen Raum zu geben. Doch es bleibt nicht nur bei Gemüse und Insektenhotels. Im Mai beteiligte sich der Recyklovaná zahrada am Europäischen Tag der Nachbarn sowie im Juni am Tag der offenen Gärten in Pilsen. „Ich möchte auch einen eigenen Ofen aus Lehm bauen, in dem wir Brot backen können“, erzählt Petr Lejčko und strahlt dabei.

An Ideen mangelt es nicht im Recyklovaná zahrada und auch nicht an Interessierten, die sich für Natur und Tiere engagieren. Petr und seine Freunde wissen auch von anderen Gemeinschaftsgärten in Pilsen, die aber generell wenig bekannt sind.

Bezüge zu Deutschland hat Petrs Garten auch: zwei der Gärtnerinnen haben deutsche Wurzeln und beim Workshop ist auch eine deutsch-tschechische Familie mit dabei. Es wird gefachsimpelt über die Materialien für die Insektenhotels und festgestellt, dass die deutsche Leidenschaft fürs Heimwerken doch kein Vorurteil ist, sondern hier im Garten mit Expertise unter Beweis gestellt wird.


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