Beim Kampf gegen die Ausbreitung des Coronavirus liegen alle Hoffnungen auf dem Einsatz smarter Technologien. Während in Deutschland Politik, Wissenschaft, Softwarebetreiber und Mobilfunkanbieter noch an der Entwicklung einer „Corona-Tracing-App“ arbeiten und die beste Lösung mit Datenschützern erörtern, ist in Tschechien schon seit Mitte April eine entsprechende App verfügbar: Die E-Maske.

Bluetooth auf dem Smartphone anschalten, App starten und es kann losgehen. Neben dem obligatorischen Mundschutz soll die „E-Maske“ („eRouška“) in Tschechien dafür sorgen, dass sich die Ausbreitung des Coronavirus bzw. COVID-19 in der Bevölkerung verlangsamt oder sogar gestoppt wird. Trifft man auf der Straße, in der U-Bahn oder beim Einkaufen auf Menschen, die ebenfalls die Corona-App benutzen und nach der Begegnung positiv auf das Coronavirus getestet werden, dann erhält man eine Benachrichtigung und kann sich in Absprache mit Gesundheitsämtern in die Isolation begeben. So sollen Infektionsketten möglichst früh unterbrochen und die Ausbreitung der Pandemie eingedämmt werden. Letztendlich soll die App damit auch die Rückkehr in den Alltag erleichtern und ein Stück Freiheit zurückbringen. Eine Pflicht zur Installation der App gibt es allerdings nicht. Bislang steht die App nur Nutzern von Android-Smartphones zur Verfügung, bald soll aber auch eine Version für Apple-Nutzer erscheinen.

App ist Teil der „smarten Quarantäne“

Entwickelt hat die App die Initiative „COVID19CZ“, eine Vereinigung unabhängiger IT-Experten, in Absprache mit dem tschechischen Gesundheitsministerium, das die App nun betreibt. Die Tracing-App steht seit dem 11. April zum Download bereit und ist Teil der „smarten Quarantäne“, die ab 1. Mai landesweit startet. So nennt sich die Strategie der tschechischen Regierung, wie die Pandemie nach Beendigung der „harten“ Quarantäne weiter bekämpft werden soll. Und zwar sollen Infektionsketten möglichst schnell nachvollzogen werden, damit sich nur noch die Infizierten und Menschen mit einer hohen Wahrscheinlichkeit einer Infektion mit dem Coronavirus in Quarantäne begeben müssen, während die Mehrheit der Gesellschaft zu einem mehr oder weniger „normalen“ Leben zurückkehrt. Zu dieser Strategie gehört die Durchführung von landesweiten Corona-Massentests bzw. das Testen auf Anti-Körper, um herauszufinden, wer bereits eine Immunität gegen COVID-19 entwickelt hat. Aber auch die Auswertung von Mobilfunkdaten und Bezahlvorgängen soll – nach Zustimmung der Infizierten dazugehören.Seit einer Woche wird auch in Prag auf dem Náměstí míru massenhaft auf COVID-19 getestet - Foto: Manuel Rommel

Eine zentrale Rolle bei der „smarten Quarantäne“ spielt laut Entwickler Vojtěch Komenda aber die E-Maske: „Sie erleichtert und beschleunigt die Suche der Mitarbeiter von Gesundheitsämtern nach potenziell mit dem Coronavirus infizierten Personen erheblich, und nur mit einer minimalen Einschränkung der Privatsphäre der Nutzer. Die Anwendung dient als automatisches Notizbuch, in das die anonymen IDs der Geräte geschrieben werden, mit denen Sie in Kontakt gekommen sind. Dieses Notizbuch wird nur in Ihrem Telefon gespeichert und die Entscheidung, die Daten ans Gesundheitsamt zu senden, liegt bei Ihnen, wenn Mitarbeiter desselben Sie dazu auffordern“, so Komenda, der an der Entwicklung der App mitgearbeitet hat, auf der Webseite von „COVID19CZ“.

Kein „Tracking“, sondern „Tracing“ via Bluetooth

Im Gegensatz zu „Tracking-Apps“, die in vielen asiatischen Ländern, wie z.B. Südkorea, oder auch in Israel zum Einsatz kamen, werden bei „Tracing-Apps“ keine Bewegungsdaten gesammelt. Über das Bluetooth-Signal können sich die Geräte gegenseitig erkennen und kurz miteinander verbinden. Gespeichert werden dabei neben den Identifiktationsnummern (IDs) der fremden Geräte auch die Zeiten des Treffpunkts und die Stärke des Bluetooth-Signals (RSSI). Anhand dessen lässt sich auch abschätzen, wie nah man anderen Personen gekommen ist: Je näher, desto mehr färbt sich diese Kennziffer in der App von grün zu orange bis orangerot. Für insgesamt 30 Tage werden die Informationen auf dem Mobiltelefon gespeichert, löschen kann man die Daten aber auch eigenhändig. Auf einem zentralen Server landen die Daten angeblich nicht, sondern werden lediglich dezentral auf den Geräten gespeichert (was einer der größten Diskussionspunkte bei der Entwicklung einer Corona-App in Deutschland ist).Über das Bluetooth-Signal können sich die Geräte gegenseitig erkennen und kurz miteinander verbinden. Gespeichert werden dabei neben den IDs der fremden Geräte auch die Zeiten des Treffpunkts und die Stärke des Bluetooth-Signals (RSSI). Foto: Manuel Rommel

Auftreten können generell zwei Fälle: Entweder eine Person, der man begegnete, wurde positiv auf das Coronavirus getestet und hat dem Gesundheitsamt Daten über Kontakte gesendet, unter denen sich auch die eigene ID befindet. In diesem Fall bewertet das Gesundheitsamt die Wahrscheinlichkeit einer Infektion und meldet sich ggf. telefonisch unter der in der App hinterlegten Nummer. Ist die Wahrscheinlichkeit einer Infektion groß, so kann man sich freiwillig in Quarantäne begeben. Oder, im zweiten Fall, wenn man selbst positiv auf das Coronavirus getestet wurde, sendet man in Absprache mit dem Gesundheitsamt die durch die App gesammelten Daten an das Gesundheitsamt, um die Personen zu warnen und zu schützen, denen man begegnet ist.

Kritik an „smarter Quarantäne“

Kritik an der „smarten Quarantäne“ kam zuletzt von Gesundheitsämtern und Virologen. In einem offenen Brief an die tschechische Regierung und an das Parlament zweifelten sie die Wirksamkeit der sogenannten „smarten Quarantäne“ an und bezogen sich dabei auf Ergebnisse aus den Regionen, in denen die „smarte Quarantäne“ zuvor getestet wurde. Der stellvertretende Gesundheitsminister Roman Prymula räumte ein, dass die Einführung einiger neuer Systeme zur Einführung der „smarten Quarantäne“ in den regionalen Hygienestationen nicht einfach war.

Die E-Maske steht unter folgendem Link zur Verfügung: https://erouska.cz/

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