Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer und der tschechische Premierminister Andrej Babiš (v.l.) am vergangenen Freitag auf dem Jeschken. Foto: Sächsische Staatskanzlei/ Pawel Sosnowski

Im Frühjahr hatte Tschechien seine Grenzen zu allen Nachbarstaaten ohne vorherige Absprachen geschlossen, um eine weitere Ausbreitung des Coronavirus zu verhindern. Damit sich das nicht wiederholt, soll eine deutsch-tschechische Arbeitsgruppe Lösungen für den Fall einer zweiten Infektionswelle erarbeiten.

Vom Jeschken (Ještěd) in 1012 Metern Höhe bietet sich eine ausgezeichnete Sicht in das deutsch-tschechisch-polnische Dreiländereck. Davon konnten sich am vergangenen Freitag der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) und der tschechische Premierminister Andrej Babiš (ANO) bei einem dortigen Treffen überzeugen. Es war das erste Zusammentreffen der beiden Politiker seit Beginn der Corona-Pandemie und seit Tschechien die Grenzen zu seinen Nachbarländern Anfang Juni wieder geöffnet hat. Doch bevor es auf den Jeschken ging, besichtigten die beiden die Wissenschaftliche Bibliothek in Reichenberg (Krajská vědecká knihovna v Liberci) und die Reichenberger Technische Universität (Technická univerzita v Liberci). Dort sprachen sie über eine ganze Reihe verschiedener Themen, unter anderem über die Zusammenarbeit in Wissenschaft und Forschung, die Situation in Belarus und auch über die Schließung der Grenzen in den vergangenen Monaten aufgrund der Corona-Pandemie.

Vereinfachungen für grenzüberschreitende Berufspendler

Laut Kretschmer sei die Grenzschließung aus tschechischer Sicht wohl unausweichlich gewesen, habe aber zu „Verwerfungen“ geführt, betonte der CDU-Politiker vor der Presse. „Das darf sich so nicht wiederholen, da sind wir uns einig.“, fügte er hinzu. Auch der tschechische Regierungschef habe in einem Arbeitsgespräch ausgeschlossen, dass sich das Szenario einer Grenzschließung bei einer möglichen zweiten Corona-Welle wiederholen wird. Stattdessen wolle man das Virus auf lokaler Ebene bekämpfen. Mit alternativen Lösungen zur Grenzschließung befasse sich seit einigen Wochen außerdem eine Arbeitsgruppe, der auch Bayern und Österreich angehören, so Kretschmer weiterhin. Schon bald sollen Ergebnisse der Arbeitsgruppe präsentiert werden, vor allem grenzüberschreitende Berufspendler sollen es einfacher haben. Beispielsweise arbeite man an einem mehrsprachigen Krankenschein.

Der tschechische Premierminister Andrej Babiš war laut seinen Aussagen vor allem am deutschen Modell der Kurzarbeit interessiert, worüber er sich von Kretschmer umfassend informieren ließ. Die tschechische Regierung plane nämlich, ein ähnliches Kriseninstrument dauerhaft einzuführen.

Zusammenarbeit in Wissenschaft und Forschung

Daneben sprachen die beiden Politiker vor allem über die Zusammenarbeit im Bereich Wissenschaft und Forschung. Ein Thema war der von Tschechien geplante, mögliche Lithium-Abbau bei Zinnwald (Cinovec). Das Leichtmetall wird unter anderem für die Herstellung von Batteriezellen benötigt. Kretschmer bot diesbezüglich eine Kooperation mit dem sächsischen Oberbergamt sowie der TU Bergakademie Freiberg an. Mit nach Reichenberg gereist ist außerdem der Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft, Reimund Neugebauer, zur Unterzeichnung eines Memorandums über die Zusammenarbeit mit der Reichenberger Technischen Universität. „Ich erwarte mir sehr viele Impulse für die Grenzregion durch diese Partnerschaft“, äußerte sich Kretschmer dazu.

Tschechien und Sachsen sind enge Nachbarn und pflegen nicht zuletzt enge wirtschaftliche Beziehungen. Im Zuge der Corona-Pandemie waren das deutsche Bundesland und sein östlicher Nachbar aber von Mitte März bis Anfang Juni getrennt. Tschechien hatte seine Grenzen zu den Nachbarländern geschlossen, um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen. Das Überschreiten der deutsch-tschechischen Grenze war nur in wenigen Ausnahmefällen möglich, auch das berufliche Pendeln zwischen den beiden Ländern war stark erschwert bis unmöglich.

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