Seit vergangenen Freitag werden in der Bergbauregion Karwin massiv auf Corona-Infektionen getestet. So auch in der Grube von Steinau (Stonava). Foto: ČTK/Ožana Jaroslav

In den letzten Tagen ist die Zahl der Corona-Neuinfektionen in Tschechien stark angestiegen. Doch es geht nicht um die zweite Welle, sondern lokale Ausbrüche der Infektion vor allem in Mährisch-Schlesien. Während landesweit weiter gelockert wird und zum Beispiel die Maskenpflicht wegfällt, kommen auf diese Gebiete nun erneute Einschränkungen hinzu.

Am vergangenen Freitag meldete das tschechische Gesundheitsministerium 168 Neuinfizierte, am Samstag waren es 260, am gestrigen Sonntag stieg die Zahl auf 305. Das ist der stärkste Zuwachs an Neuinfektionen seit Anfang April. Seit Mai lag die Zahl der Neuinfektionen pro Tag relativ stabil unter 100. Besonders betroffen von der Pandemie ist derzeit die Bergbauregion Karwin (Karvínsko) in der Mährisch-Schlesischen Region (Moravsko-Slezský kraj). In den letzten sieben Tagen kamen dort auf 100.000 Einwohner etwa 181 Infizierte. Vor allem haben sich dort Mitarbeiter des Bergbauunternehmens OKD mit dem Coronavirus infiziert. Betroffen ist hauptsächlich der Tagebau in Steinau (Stonava). Im benachbarten Kreis Friedeck-Mistek (Frýdek-Místek), aktuell zweitgrößter Corona-Hotspot, sind es grob 32 Infizierte auf 100.000 Einwohner. Zu einem Ausbruch der Infektionen kam es auch beim Autoteile-Hersteller Magna Exteriors (Bohemia) in Reichenberg. In Prag hat sich die Dynamik des Infektionsgeschehens verlangsamt, hier waren es in den letzten sieben Tagen nur noch ungefähr 6 Infizierte auf 100.000 Einwohner.

Gesundheitsminister Vojtěch: „Keine zweite Welle“

Am Sonntag äußerte sich Gesundheitsminister Adam Vojtěch (parteilos, für ANO) im tschechischen Fernsehen über den starken Anstieg der Infektionen mit dem Coronavirus in Tschechien. „Aus unserer Sicht handelt es sich nicht um eine zweite Welle, weil wir jetzt relativ massiv Tests in der am stärksten betroffenen Region durchführen, das ist die Region Karwin, und die Tests dauern noch an“, sagte er. „Es geht nicht um ein flächendeckendes Wachstum im ganzen Land“, fügte Vojtěch hinzu und verwies auf Prag, wo die Zahl der Fälle rückläufig sei.

Die staatlichen Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus bleiben daher auch nach dem 1. Juli in der Region Karwin und dem benachbarten Kreis Friedeck-Mistek bestehen und sollen sogar noch verschärft werden, während im Rest des Landes eine Reihe von Lockerungen, darunter die Aufhebung der Maskenpflicht, in Kraft treten. So besteht in den stark von der Pandemie betroffenen Gebieten unter anderem wieder ein Verbot von Krankenhausbesuchen, eine Begrenzung von öffentlichen Veranstaltungen auf 100 Personen sowie die Pflicht, dabei eine Maske zu tragen und Abstand zu halten. Eine Region unter Quarantäne zu stellen oder die Bewegungsfreiheit einzuschränken, sei laut Vojtěch aber nicht geplant. Was Prag betrifft, bleibt ab 1. Juli die Maskenpflicht nur noch in der Metro bestehen. In anderen öffentlichen Verkehrsmitteln und in Geschäften wird die Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes aufgehoben. Laut Vojtěch habe ein Experten-Team diese Empfehlung gegeben, nachdem sich die epidemiologische Situation in Prag verbessert hat. „Wenn wir uns die Zahlen für Prag ansehen, verbessert sich die Situation dort im Laufe der Zeit. Gestern (Samstag) gab es in Prag nicht einmal zehn neue Fälle und davor 13“, erklärte Vojtěch.

Karte mit tschechischen Risikogebieten

Ab 1. Juli veröffentlicht das tschechische Gesundheitsministerium eine Karte, in der Kreise hinsichtlich des Risikos einer Infizierung mit dem Coronavirus nach einem 10-Punkte-System bewertet werden. 0 Punkte (weiß) = keine Fälle mit Covid-19; 9-10 Punkte (schwarz) = größtes Risiko. Foto: Ministerstvo zdravotnictví České republiky

Ab 1. Juli veröffentlicht das tschechische Gesundheitsministerium eine Karte, in der Kreise hinsichtlich des Risikos einer Infizierung mit dem Coronavirus nach einem 10-Punkte-System bewertet werden. 0 Punkte (weiß) = keine Fälle mit Covid-19; 9-10 Punkte (schwarz) = größtes Risiko. Foto: Ministerstvo zdravotnictví České republiky

Ab dem 1. Juli will das tschechische Gesundheitsministerium täglich eine Karte veröffentlichen, in der etwaige Risikogebiete mit einem erhöhten Infektionsgeschehen gekennzeichnet werden. Das gab am Montagmorgen Ladislav Dušek, Direktor des Amts für Gesundheitsinformation und Statistik (ÚZIS), auf einer Pressekonferenz des tschechischen Gesundheitsministeriums bekannt. In der Karte werden die Regionen hinsichtlich des Infektionsrisikos auf Grundlage eines Zehn-Punkte-Systems farbig gekennzeichnet. Dafür fließen verschiedene Faktoren, wie die Anzahl der Neuinfektionen oder die Anzahl der Krankenhausaufenthalte in Zusammenhang mit Covid-19 in die Bewertung ein. Regionen mit null Punkten (weiß) sind krankheitsfrei. Bei zwei bis drei Punkten (hellgrau bis dunkelgrau) besteht ein geringes Infektionsrisiko. Vier bis sechs Punkte (orange) kennzeichnen ein flächendeckendes Ausbreiten des Virus und zeigen einen dynamischen Trend an. In diese Klassifizierung würden aktuell drei Kreise in der Mährisch-Schlesischen Region fallen. Mit sieben bis acht Punkten (rot) wird ein beschleunigtes Ausbreiten des Virus mit einem erhöhten Infektionsrisiko für Risikogruppen gekennzeichnet. Neun und zehn Punkte weisen auf das höchste Infektionsrisiko hin, einschließlich einer zunehmenden Anzahl von Krankenhausaufenthalten im Zusammenhang mit der Infektion.

Die Arbeitsgruppe für Lockerungen der Corona-Maßnahmen des Gesundheitsministeriums entwickelte Handlungsempfehlungen für die Kreis-Hygieneämter entsprechend der Risikobewertung in der Karte. „Das System ist kein Dogma. Es kann nicht alle Aspekte, die wir im Auge behalten, vollständig berücksichtigen“, kommentierte Rastislav Maďar, Koordinator der Arbeitsgruppe.

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