Unsere WanderBloggerin erklimmt den Mückenberg und entdeckt dort den größten Wegweiser Tschechiens. Vorher kommt es jedoch noch zur langersehnten Begegnung mit Goethe.

 Meine Leser wissen, dass ich mich gerne an Orte begebe, die eher schüchtern auf der Landkarte sitzen und nicht beachtet werden. So auch wieder vor Kurzem, als ich auf eine denkwürdige Tour aufbrach.

Auf der Landkarte fand ich nämlich folgendes Städtchen: Graupen (Krupka), im Erzgebirge bei Aussig an der Elbe (Ustí nad Labem). Als ich sah, wie bunt das Wegenetz dort ist, sprang mein Herz vor Freude. Da musste ich hin.Aussicht vom Mückenberg - Foto: Jana Heenen

Eine Freundin aus dem Norden Tschechiens gesellte sich zu diesem Abenteuer und wir beide rüsteten uns nach den dort zu erwartenden Gegebenheiten aus. Unser Plan war, den Mückenberg (Komáří hůrka, 808 m) zu erklimmen, der  die Gegend um Graupen dominiert. Dieser Name machte mich allerdings nervös. Wenn ein Berg schon den Namen eines Insekts trägt, dann muss es etwas bedeuten. Es war eindeutig eine Warnung!

Deshalb besorgte ich uns Tropenkleidung und Insektenspray, damit wir gefahrlos durch die Wälder streifen konnten. Ebenso fragte ich mich, was es wohl zu bedeuten hatte, dass der Ort Graupen hieß: Gab es dort nur Graupen zu essen? Graupen sind nicht unbedingt das, was ein Wanderer als Energienahrung zu sich nehmen möchte, und so statteten wir uns vorsichtshalber mit reichlich Proviant aus. Vorbereitung ist alles!Der Wegweiser auf dem Mückenberg - Foto: Jana Heenen

So starteten wir dann in Graupen, zogen durch das Stadtzentrum, das im Grunde eine lange Straße ist. Zunächst erforschten wir die Burgruine von Graupen, auf der wir – man glaubt es kaum – Goethe antrafen! Ich hatte ihn doch letztens vergeblich gesucht (Sie erinnern sich an meine poetischen Zeilen) und dann nur seine Bierdosen entdeckt. Und mitten auf der Ruine stand er einfach dort (sein Gedenkstein ;-)), grüßte uns und blickte auf das Land, das sich vor unseren Füßen im Sonnenlicht ausbreitete. Natürlich, es war poetisch schön, wir bestaunten die Industrieanlagen in der Ferne bei Teplitz (Teplice) und die Skyline der umliegenden Berge. Goethe wollte nicht mit uns auf den Mückenberg kommen, weil er gerade Graupen aß und so ließen wir ihn zurück und wagten uns an den Aufstieg des Mückenbergs.

Und dann war schnell klar, warum es hier so viele Mücken geben konnte: Der Aufstieg war einfach schweißtreibend! Das musste Insekten anziehen. Andere Ausflügler wollten dem Ganzen wohl vorbeugen und nahmen gleich den Sessellift… wir aber keuchten den Berg hoch und erreichten das windige Plateau. Und dieser Wind rettete uns wohl vor den Mückenschwärmen, wir kamen am Gipfel und seiner Aussichtsplattform unbehelligt und ohne Stiche an.

Wenn ich vorher das bunte Wegenetz erwähnt hatte, so wurde ich dort vollends beeindruckt. Der wohl größte Wegweiser Tschechiens steht nämlich hier, für jeden Wanderer ein wahrer Ausdruck der Freiheit! Hier kreuzen sich lokale Wege mit Lehrpfad und Fernwanderweg. Doch uns gelang es aus unerklärlichen Gründen nicht, einen interessanten Pfad abwärts zu finden, sondern wir mussten die Straße entlang gehen. Mehrmals kontrollierten wir die Karte, doch der dort eingezeichnete rote Pfad zu ein paar ehemaligen Bergbaustollen war nicht zu sehen.

Doch es trübte unsere Laune nicht, wir zogen wieder Richtung Tal. Als wir dort ankamen, war es später Nachmittag und aus den Fenstern der Häuser roch es nach frisch gekochten Graupen.

Es war Zeit zu gehen und wir warfen einen letzten Blick zurück auf den Mückenberg. Ich glaubte am Himmel einen Schwarm wilder Mücken zu sehen.


Streckendaten:

Startpunkt: Krupka

Distanz: 12 km

Höhenmeter: 521 m

Laufzeit: 4 h

Wegpunkte: hrad Krupka, Hexenstein, Na Knetlu, Kotelní jezírko, Komáří hůrka, Horní Krupka, Krupka

Anreise: mit dem Zug über Prag nach Aussig, dann mit Bus nach Graupen


Jana Heenen - Foto: Jana HeenenWanderBloggerin JANA HEENEN:

Das Leben ist eine Reise, auch für mich. Mein Name ist Jana, ich komme aus der Nähe von Krefeld in Westdeutschland und arbeite seit einiger Zeit in Pilsen (Plzeň) für den deutsch-tschechischen Jugendaustausch. Um Tschechien und seine Landschaft(en) kennenzulernen, begebe ich mich so oft wie möglich auf Wandertouren, beobachte die Natur, fotografiere, notiere und bewerte die Ausflugsziele. Gern ziehe ich mit anderen Naturfreunden los, um von ihnen zu lernen und mich mit ihnen über das Leben zu unterhalten. Wenn man geht, dann kann man besser nachdenken und kommt zu neuen Ideen! Ich möchte Sie nun gern daran teilhaben lassen und stelle dafür regelmäßig meine Wanderungen vor.

Sie sind herzlich eingeladen, Vorschläge zu machen, was es in Tschechien noch zu entdecken gibt! Diese können Sie gern an redaktion@landesecho.cz senden. Ich freue mich!


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