Friedrich Ritschel (1901-1944): Rast (undatiert), Foto: Gebietsmuseum Tetschen

Das Gebietsmuseum in Tetschen (Děčín) zeigt erstmals Werke deutscher Maler aus der Zwischenkriegszeit. Überraschend ist die Dichte künstlerischer Qualität in der Region.

Über 80 Gemälde und Grafiken von 22 Künstlern bilden gerade eine Ausstellung, die es so wohl zuletzt vor 80 Jahren gegeben haben kann. Das Gebietsmuseum in Tetschen (Děčin) hat seine Depots geöffnet und die Werke jener Künstler ans Licht geholt, die durch ihre Zugehörigkeit zur deutschen Volksgruppe nach 1945 vertrieben wurden.

Im Tetschen der Zwischenkriegszeit war eine starke Generation von Künstlern aktiv, die ausgebildet an den besten Kunstschulen sich gegenseitig beeinflusste, wie der Impressionist Franz Heide-Paudler, der Karikaturist und Porträtist Olaf Jordan, der Maler weicher Landschaftsbilder Hans Lorenz sowie Josef Stegl, Autor sonnendurchfluteter Landschaften, oder der Grafiker Friedrich Ritschel. Die Kuratorin Eva Staňková stellte für die Ausstellung „Tady byli doma“ (Hier waren sie zu Hause) nicht nur Werke aus der eigenen Sammlung zusammen, sondern bezog auch Leihgaben vom Gebietsmuseum in Reichenberg (Liberec), vom Museum in Rumburg (Rumburk) sowie aus privaten Bestanden mit ein.

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Im Mittelpunkt steht die Künstlergruppe „Verein der Kunstfreunde Tetschen-Bodenbach“, die 1933 aus dem landesweiten Metznerbund hervorgegangen war. In die Ausstellung einbezogen wurde aber auch die Gruppe Thomabund aus Böhmisch Kamnitz (Česka Kamenice). „Aus einer so kleinen Stadt gab es gleich mehrere profilierte Maler und Grafiker, die an den besten europäischen Kunstakademien studiert hatten“, sagt Staňková. Teil der Ausstellung sind auch Künstler, die nur vorübergehend in Tetschen wirkten wie Alfred Kubin und August Bromse.

Die sehenswerte Ausstellung setzt das Bemühen fort, an Künstler zu erinnern, die nur wegen ihrer deutsch-böhmischen Herkunft ignoriert wurden. Im schlimmsten Fall wurden ihre Werke mutwillig zerstört, was vor allem in der Phase der wilden Vertreibung passierte. Im besten Fall lagen die Werke vergessen in Depots und Archiven. Und immer braucht es eine interessierte Mitarbeiterin, die auf diese vergessenen Werke stößt. In der Tat waren es überwiegend Frauen, die die Werke wiederentdeckten: In Tetschen Eva Staňková und in Teplitz (Teplice) Bohumila Chleboradová. Das Werk der deutschen Künstler wird auch in Eger (Cheb), Aussig (Ústí nad Labem) und Prag erforscht. Den entscheidenden Impuls gab aber vor sechs Jahren Anna Habanová in Reichenberg mit der großen Ausstellung „Junge Löwen im Käfig“.

Auch die Tetschener Ausstellung zeigt, dass die Künstler mit den Kollegen ihrer Zeit  mithielten und das getrost auch im europäischen Kontext. Einige hatten es auch damals schon zu Ruhm gebracht. Für die meisten bedeutete die Vertreibung nicht nur das Ende der künstlerischen Karriere, sondern auch die Vertreibung aus Galerien und Köpfen. Die Ausstellung ist bis 30. September täglich außer montags geöffnet.


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