Was verbindet Prag und Berlin? Die U-Bahn, findet der Künstler Jan Miko. Wie er aus dieser Inspiration seine Werke erschafft, zeigt der Gemäldezyklus „Prag malt Berlin“.

Am vergangenen Mittwoch lud der Prager Verband zu einer Vernissage in die Galerie Kritiků im Palác Adria ein, um die Werke eines seiner Mitglieder einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. In der Ausstellung widmete sich Jan Miko der Architektur von U-Bahn-Stationen in Weltmetropolen. Neben Städten wie New York und Paris steht das unterirdische Nahverkehrssystem Berlins im Fokus seiner künstlerischen Auseinandersetzung. Die Ausstellung ist noch bis zum 8. September zu sehen.

Den Abend eröffnete der deutsche Botschafter Dr. Christoph Israng gemeinsam mit dem Präsidenten der Landesversammlung, Martin Dzingel, und dem Vorsitzenden des Prager Verbands, Pavel Fára. In seiner Ansprache betonte Botschafter Israng passend zum Thema der Ausstellung die Nähe zwischen Deutschland und Tschechien und bemerkte weiter: „An keinem Ort kommen sich Menschen so nahe wie in der U-Bahn.“ Nähe ist besonders in Corona-Zeiten ein sensibler Begriff, so findet die Veranstaltung unter Einhaltung des Mindestabstands und mit Verzicht auf das Händeschütteln statt. Die Verbundenheit der beiden Hauptstädte wird nicht nur in Mikos Kunst deutlich. Prag und Berlin feiern in diesem Jahr außerdem das 25. Jubiläum ihrer Städtepartnerschaft.

Der deutsche Botschafter Dr. Christoph Israng (rechts) mit dem Künstler. Foto: Lara Kauffmann

Der deutsche Botschafter Dr. Christoph Israng (rechts) mit dem Künstler. Foto: Lara Kauffmann

Die unterirdische Welt der Metro

Bereits Ende des 19. Jahrhunderts bestanden Überlegungen, eine U-Bahn in Prag zu installieren. Es dauerte fast ein ganzes Jahrhundert, bis es 1974 zur Fertigstellung der ersten U-Bahn Strecke kam, die die Stationen Florenc und Kačerov miteinander verband. Heute verbinden knapp 65 Kilometer Streckennetz 61 Stationen unterirdisch.

Seit den 1990er Jahren bereits zieht es den Künstler Jan Miko in den Untergrund der Stadt. Als einer der Gründungsväter der Graffiti-Szene in Prag wurden bereits zum Beginn seiner Karriere U-Bahn Wagons und Hauswände zu Leinwänden im öffentlichen Raum. Während seiner Zeit als Student der Fachschule für Kunst in Prag brachte ihm dieser Aktionismus eine Verhaftung in Warschau wegen Vandalismus ein. Nach erfolgreichem Abschluss seines Studiums in Prag folgte ein Aufenthalt in Paris, wo der junge Künstler erstmals begann, U-Bahnen zu zeichnen und sich sein Stil der „strukturierenden industriellen Abstraktion“ ausbildete. Dabei verarbeitete er Objekte, die er in der Pariser Unterwelt fand kunstvoll in Collagen.

Nach seiner Rückkehr studierte er an der Akademie für Kunst, Design und Architektur in Prag und war parallel im Atelier bei Stanislav Diviš tätig. Seiner Leidenschaft, der „Aktionsmalerei“, ging er derweil weiter in einer Zusammenarbeit mit dem Künstler Vít Soukup nach. Dessen Tod im Dezember 2007 markierte eine Zäsur in Mikos Leben. Er machte eine Pause von der Malerei und orientierte sich um. Seine Aufmerksamkeit widmete er fortan dem Studium der Theologie und vertiefte sein Wissen über den öffentlichen Nahverkehr der Hauptstadt in einer Tätigkeit bei ROPID, dem regionalen Organisator des Prager integrierten Verkehrs.

Subkultur und Fernweh

Mikos kreatives Schaffen ist geprägt vom Drang, immer wieder Neues zu entdecken. Das Abtauchen in Subkulturen und das ständige Reisen bestimmen seinen Werdegang. So bespielt er seit 2010 als Teil der experimentellen Gruppe „Spitfire“ Theaterbühnen mit einer Symbiose aus Musik, Licht, Bewegungselementen und Aktionsmalerei, die in Polen mit dem Grand Prix beim „Fringe Festival“ ausgezeichnet wurde. Außerdem bereiste er 2013 als Teil des Projekts „One Blood“ den kurdischen Teil des Irak, um mit dem lokalen Streetart-Künstler Bahman Salah zusammenzuarbeiten. 2016 folgte er einer Einladung nach New York, wo er seine Kunst im tschechischen Zentrum austellte und in Workshops Einblicke in die Aktionsmalerei gab.Eine Vielfalt an Farben, Formen und Materialien prägen die Gemälde des Prager Künstlers.  Foto: Lara Kauffmann

Eine Vielfalt an Farben, Formen und Materialien prägen die Gemälde des Prager Künstlers. Foto: Lara Kauffmann

In den letzten fünf Jahren verschlug es den Künstler regelmäßig nach Berlin. Hier inspirierte ihn das fast 150 Kilometer lange unterirdische Streckennetz, dessen Ursprünge auf das Jahr 1902 datiert sind, zu seinem aktuellen Kunstprojekt. Besonders der Architekt Rainer G. Rümmler, der eine Vielzahl von U-Bahnhöfen entlang der Linie U7 der deutschen Hauptstadt gestaltete, imponierten dem Prager sehr.

Die intensiven Farben, Kontraste und abstrakten Formen der ausgestellten Gemälde machen das bunte Treiben der U-Bahn förmlich spürbar. Fahrkarten sowie Metropläne stellen eine unmittelbare Verbindung zu den dargestellten Orten her und verleihen den Bildern eine plastische Komponente. Jan Miko stellt seine Bilder nicht nur international aus, seine Werke befinden sich außerdem weltweit in privaten Kunstsammlungen.

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